Indonesien

23.04. – 14.04.2024 Yap, Helen Reef, Sorong

Die hinzugewonnene Zeit auf Yap nutzen wir für eine großartige Wanderung quer durch den Wald zur gegenüberliegenden Seeseite. Hier passiert man ein erst vor kurzem gefundenes amerikanisches Flugzeugwrack aus dem 2. Weltkrieg und viele der herrlich-sauren Mini-Mandarinen (Ja, lieber vielseitig gebildeter Leser: Die heißen natürlich nicht Mandarinen! Den Namen haben wir aber vergessen.). Ersteres lassen wir liegen, letztere sammeln wir auf. Man kann sie für Saft und Cocktails verwenden.

Aber auch am Montag haben unsere Fahrräder nicht mehr zurück zu uns gefunden. Die Polizei schreibt uns einen Brief für die Versicherung und dann verlassen wir Yap. Um das Thema dann auch abzuschließen, sei vermeldet, dass die Versicherung übrigens hierfür nicht aufkommt. Dafür hätten die Fahrräder von Bord gestohlen werden müssen. Wie gut, dass wir diese Versicherung haben. Man hört ja ständig von Fahrrädern, die von Booten verschleppt werden, obwohl sie dort versicherungsgerecht am Mast mit einem kräftigen Fahrradschloss gesichert waren.

Am 12.4. bekommen wir übrigens noch eine Mail aus Yap vom Chef des Department of youth and civic affairs. Sehr freundlich bedauert er noch einmal den Vorfall und bietet tatsächlich finanzielle Hilfe an. Nun sind wir doch sehr gerührt über die Anteilnahme, die dieser in Europa doch so simple Diebstahl hier ausgelöst hat. Wir werden weiter berichten!

Unser Fernziel ist ja nun Sorong in Indonesien. Auf dem Wege liegt jedoch in 550 Meilen Entfernung das Atoll Helen Reef, welches zu Pulau gehört, wo man jedoch gemäß dem immer informativen Seglertratsch 2 Tage ohne Einklarierung liegen darf. Die Fahrt dorthin verläuft unspektakulär. Lediglich bei einer der häufig notwendigen Halsen reißt mal wieder eine Naht am Großsegel und wir müssen nun wieder einmal nur mit Genua das Ziel erreichen. Zum Glück liegt ja unser neues Großsegel schon in Thailand fertig zum Abholen. Und bis dahin muss es noch irgendwie mit dem alten Segel gehen, so dass ca. 2 Meter Naht per Hand genäht werden müssen. Natürlich nicht auf hoher See, sondern am nächsten Ankerplatz!

Am 31.März taucht dann früh am Morgen ein kleines Inselchen sehr nahe auf. Das Riff selbst ist viel größer und weist in Nord-Süd-Richtung einen Durchmesser von 12 Meilen auf. Nur zu sehen ist es nicht, da der ansteigende Meeresspiegel nur noch ein 200×200 Meter großes Inselchen übriggelassen hat, auf welchem 4 Ranger leben. Diese funken wir brav an und werden fast ausgelassen begrüßt und herzlich eingeladen, einen Besuch abzustatten. Um in die Lagune zu kommen, muss man sich durch einen sehr verzwickten Pass kämpfen. Wir sind uns nicht sicher, ob unser Kartenmaterial stimmt (doch, war korrekt, wie sich herausstellt) und so freuen wir uns, dass wir sogar am Passeingang von einem Motorboot abgeholt und zur Insel gelotst werden. Hier werfen wir unseren Anker mit etwas gemischten Gefühlen. Letztendlich sind wir völlig ungeschützt und umgeben von Riffen. Sollte der Anker bei eventuellem Starkwind nicht halten, würde es sehr schnell gefährlich werden. Brain, der Chefranger, welcher uns dann an Bord besucht, erteilt uns dann noch einen Dämpfer: Von Badevergnügungen rät er uns ab, da in den letzten Tagen mehrfach ein Tiger-Hai in Inselnähe gesichtet wurde.

So, jetzt erst einmal die Arbeit: Will man 2 Meter einer parallel übereinander genähten Doppel-Zick-Zack-Naht per Hand nachnähen, erfordert dies zweier Personen, die auf je einer Seite des Segels die Nadel hin und her fädeln. Ein Lebenswerk! Insgesamt sind 8 Stunden nötig für diese Aufgabe, blutige Finger und Rückenschmerzen inklusive, wissen dann aber auch, dass hier so schnell nichts mehr passieren wird. Das hält!

Der nächste Tag ist dann dem Sightseeing vorbehalten. Brain holt uns mit dem Motorboot ab und führt uns über die Insel. Eine überschaubare Aufgabe! Wir lernen die 3 anderen Ranger kennen und treffen auf tausende von Vögeln, die hier nisten, brüten und Kinder aufziehen. Nie endendes Geschrei und ein Hitchcock-ähnliches Szenario. Vögel, Vögel, Vögel…

Da ein Ranger heute Geburtstag hat und die Bordbäckerei des Segelschiffes Esmeralda zufällig einen Kuchen gezaubert hatte, können wir uns mit den 4 einsamen Männern noch zusammensetzen und eine kleine Party abhalten. Wir erfahren, dass die Jungs alle 3 Monate abgelöst werden und auch nur alle 3 Monate per Versorgungsschiff mit Nahrung versorgt werden. Allerdings gibt es wohl zeitweise auch personelle Notstände, so dass Brain tatsächlich schon einmal ein ganzes Jahr hier am Stück verleben durfte. Unvorstellbar!

Was so an Arbeit zu leisten ist auf dem Atoll, erschließt sich uns nicht ganz. Nachts kommen die Schildkröten zur Eiablage an den Strand und die Ranger sammeln die später geschlüpften Schildkröten, die in der schützenden Nacht nicht zum Wasser gefunden haben, ein und bringen sie dann in der nächsten Nacht ins Meer. Es ist beglückend, diese kleinen Wesen mal in der Hand halten zu dürfen. Ansonsten wird mit Treibholz gerade eine Dusche gebaut und hin und wieder das Riff zur Kontrolle mit dem Boot abgefahren.

Irgendwie sind wir dann jedenfalls auch wieder froh, am 2.April in Richtung Sorong aufbrechen zu können. Der sehr ungeschützte Ankerplatz, der momentan sehr graue Himmel, die große Einsamkeit: Kein Platz zum längeren Verweilen. Trotzdem werden die so freundlichen 4 Inselbewohner wie auch das ganz besondere Ambiente dieser Insel einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Um dann das besondere Bild noch um eine weitere Nuance zu erweitern, treffen wir noch auf 2 Grauwale, die uns begeistert mit der Schwanzflosse zuwinken. Großartig!

Nun sind es nur noch gut 200 Meilen bis zum nächsten Kontinent (Asien) und zum Ende des Pazifiks.  Auch den Äquator gilt es mal wieder zu passieren und da in diesen Gegenden der Wind sich gerne zur Ruhe begibt, segelt es sich etwas beschwerlich. Zum Schluss muss dann der wackere Perkins wieder einmal aushelfen.

Und sonst? Ein Tölpel macht es sich auf unserem Anemometer in der Mastspitze bequem. Dafür ist das filigrane Teil nicht ausgelegt und so muss der Gast umquartiert werden.

Am 4.April taucht morgens Land auf. Indonesien! Asien! Der Indische Ozean (Beginnt der wirklich hier?)! Nach einigem Suchen finden wir den Eingang in die Tampagaran-Marina. Die Karte kann uns nicht helfen, hier fahren wir eigentlich über Land. Gegen Mittag liegen wir vor Buganker und gesichert durch 2 längere Heckleinen neben unseren Freunden von der Ayla und einem weiteren Boot. Wie ungewohnt! An jedem Ankerplatz hat man mehr oder weniger Privatsphäre. Hier nicht! Zugegebenermaßen klingt das vermutlich etwas zickig: An den einen Platz ist es zu einsam, am nächsten dann wieder zu belebt. Ja, das Glück ist ein schmaler Grat, auf welchem man aufmerksam balancieren muss.

Das Einklarieren ist erwartungsgemäß ein langwieriger Prozess und beansprucht uns fast 2 Tage. Überall sitzen wir ewig rum, immer fehlt irgendwas und dabei haben wir doch schon aus der Ferne reichlich Formulare ausgefüllt und mehr als 8 Mio. Rupien (naja, 500 Euro) für das Visum bezahlt. Erstaunen löste dann der Wunsch des recht strengen Immigrationsbeamten bei uns aus, ein gemeinsames Foto vor den Staatsinsignien mit uns zu schießen. Später gewöhnen wir uns daran: Taxifahrer machen Fotos von uns, rufen zu Hause die Ehefrau an und zeigen uns im Video-Call oder vermelden nur einfach das besondere Ereignis per Telefon. Kinder winken uns permanent zu, rufen „Mister, Mister“ und auch alle Erwachsenen grüßen und fragen gern nach dem Ursprungsland der Bleichgesichter und bannen uns auf Selfies. Hier kann endlich einmal mangelndes Selbstwertgefühl abgebaut werden.

Wir fühlen uns schnell wohl in Sorong. Überall Handel und Wandel; für lächerlich wenig Geld kann man im klapprigen gelben Kleinbus, im Uber-ähnlichem Maxim-Auto oder (die sportlichste Variante) zu dritt auf einem Moped durch die Stadt brausen. Es gilt wieder einmal dieses und jenes zu besorgen was an Bord als Ersatzteil benötigt wird. Wir freuen uns über viele Restaurants, die nun eine neue Küche, die asiatische, anbieten. Da wir am 14. April Gäste aus Deutschland erwarten, wird das Bord hergerichtet für die baldige Abfahrt nach Raja Ampat. Ganz Sorong feiert das Ende des Ramadans, was hier Eid al-Fitr heißt. Das geht sehr lautstark über die Bühne. Laute Musik und gerade der schräge, sehr beliebte Karaoke-Gesang rauben uns die nächtliche Ruhe. So freuen wir uns auf baldige stille Buchten und malerische Ankerbuchten.