Brasilien 2.0

01.11. – 8.11.20

Am 1.November stehen wir mit etwas ungutem Grundgefühl morgens am Schalter des Bremer Flughafens um unsere Rückreise nach Brasilien anzutreten. Wir hatten mit der brasilianischen Botschaft Kontakt aufgenommen, uns Papiere von der Marina in Jacare besorgt und alles an Verordnungen zu lesen versucht, was mit Reisen zwischen Deutschland und Brasilien in Zusammenhang steht. Braucht man nun einen Coronatest? Dürfen wir überhaupt in das Land hinein? Ganz sicher waren wir uns nicht. Wie auch die Flughafenmitarbeiterin, die spontan der Meinung war, dass wir nicht nach Brasilien dürften. Aber nach einem langen Telefonat mit wem auch immer kann es los gehen und unsere riesigen Taschen verschwinden im Imaginären. Nach ein paar Zwischenstopps sind wir morgens um 4 Uhr in Recife und auch hier gibt es wieder Diskussionen um uns an der Passkontrolle. Alle Passagiere sind schon weg und wir stehen noch einsam am Tor. Doch – jauchzet, frohlocket – auch hier öffnet sich die Schranke für uns. Um das Glück perfekt zu machen steht unser Lieblingsfahrer Bernado am Ausgang und hält ein Schild hoch („Esmeralda“). Ein toller Empfang! Mitten in der Nacht ist er in Cabedelo losgefahren um uns abzuholen.

Dann am noch immer frühen Morgen finden wir glücklich unser Boot wieder und sind zu Hause!

Auf den ersten Blick sieht alles besser aus als erwartet und wir machen uns nach einem kurzen Moment der Besinnung daran, das Boot äußerlich wieder zu einem Segelboot und innerlich zu einem Lebensraum umzugestalten. Dies braucht so seine Zeit. Beispielsweise sind die Abflüsse zugewachsen und müssen tauchend wieder freigelegt werden. Die Segel müssen aus dem Salon an den Mast, putzen, verdorbene Lebensmittel entsorgen usw. usf.

Dann gilt es die großen Aufgaben zu lösen! Wir setzen jetzt einmal ein größeres Interesse beim geneigten Leser an diesen Dingen voraus, da unser Mitteilungsbedarf diesbezüglich groß ist.

Die Ankerwinsch ist mal wieder unwillig. Diesmal ist es nicht nur der allbekannte Rott an den Kontakten, sondern eines der beiden Schaltrelais ist dahin. Zum Glück gibt es noch ein solches an Bord. Ein Tag vergeht mit Fehlersuche, Schaltkreisverstehen und Reparatur.

Die Windanzeige (Windstärke und -richtung) funktioniert nicht. Nach langer Suche erweist sich eine Ader des Mastkabels als zu hochohmig, was zu unplausiblen Messwerten führt. Zum Glück gibt es noch ein Ersatzkabel im Mast, welches jetzt tapfer seinen Dienst tut. Ein Tag vergeht mit Mastbesteigungen, Bootsverkleidungen abbauen etc.

Das Getriebe des Motors ist fest! Glücklicherweise nur ein mechanisches Problem und schnell lösbar.

Die Halterung des Vorstags machte ja schon bei der Atlantiküberquerung Probleme und trotz mehrerer „Reparaturen“ hat sich wieder das Befestigungsloch im relativ weichen Aluminium ausgefräst und vergrößert. Nun wollen wir über drei Fixpunkte den Mast bugwärts am Schiff befestigen, was jetzt hoffentlich DIE Lösung ist. Zum Glück fanden wir mit dem aus Deutschland stammenden und jetzt hier lebenden Christoph eine fachkundige Hilfe mit dem nötigen Spezialwerkzeug und Spezialwissen.

Außerdem leisten wir uns einen neuen Anker. Unser Bruce-Anker (bekannt für Probleme bei bewachsenem Grund) hat uns zwar nur zweimal bisher im Stich gelassen (das Boot slippte jeweils 10-20m durch die Gegend, zum Glück ohne Gefährdung anderer), aber da das windige Patagonien als Ziel für die nächsten Monate steht, wollen wir hier die größtmögliche Sicherheit haben. Ein lokaler Schweißbetrieb (der eigentlich eher wie eine Müllhalde aussieht) scheint mit der Herstellung des hochgelobten Bügelankers Erfahrungen zu haben und so warten wir auf die Vollendung des Objektes der Begierde.

Ja und dann muss noch das Muschelbiotop vom Rumpf entfernt werden und an allen Ecken noch irgendwas gerichtet werden.

Mit unseren Fahrrädern ziehen wir in die Stadt und kaufen großartiges Obst und die weiteren notwendigen Lebensmittel, was wegen der zu überquerenden Schnellstraße trotz des Zebrastreifens immer eine lebensbedrohende Unternehmung ist. Generell wird hier nicht angehalten.

Interessanterweise ist hier von Corona nicht viel zu spüren. Nur beim Betreten der Einkaufsmärkte wird Fieber gemessen, desinfiziert und auf Mundschutz geachtet. Ansonsten tummeln sich die Menschen auf den Straßen, Einschränkungen sind nicht erkennbar.

Auch Restaurantbesuche sind möglich. Unmöglich ist es nur, die Speisekarte zu verstehen. Da lernen wir nun Spanisch und verstehen in Brasilien kaum ein Wort. Hier wird sicherlich der vielseitig gebildete Leser anmerken, dass man in Brasilien nun einmal auch Portugiesisch spricht! Ja, stimmt! Jedenfalls war es sehr lustig, da wir keine Ahnung hatten, was wir bestellt hatten. War aber durchaus schmackhaft.

Wir besuchen mehrfach Brian, den englischen Inhaber der Jacare Marina. Im Frühjahr hatten wir ihm ein ausgeschlagenes Kreuzgelenk zur Reparatur übergeben. Jetzt nach einem halben Jahr ist dieses tatsächlich auffindbar, repariert, jedoch noch in seinen Einzelteilen vorliegend. Brian macht sich daran, dieses zusammenzubauen, findet aber, dass es zu viele Einzelteile sind. Nachdem dann ein Teil spurlos verschwunden ist, kann es jedoch nicht mehr zusammengefügt werden und Brian besorgt ein neues Kreuzgelenk, welches aber zu groß ist. Nun soll eine passende Buchse dafür gefertigt werden…

Fortsetzung folgt!

Wir werden also noch ein paar Tage in Jacare bleiben und dann aber hoffentlich bald südwärts ziehen.

09.11. – 21.11.20

Alles zieht sich doch noch etwas hin und so bleiben wir noch ein paar Tage in Jacare. Wir freuen uns über einige neue Bekanntschaften aus dem Reich der französischen Segler, welche doch meist recht spröde und unnahbar sind. Oder liegt das eher an den fehlenden Fremdsprachkenntnissen dieser? Jedenfalls gibt es am Abend auch mal wieder ein Treffen mit Seglern, wie wir es aus der guten alten Zeit noch kennen.

Und es gibt noch einige Treffen mit Brian. Wir haben dann nicht mehr mitgezählt. Erst war die Weite der Buchse nicht ausreichend, dann war trotz Verabredung Brian nicht da, dann war Brian da aber das Kreuzgelenk nicht auffindbar usw. Irgendwann kündigte Brian an, am Abend um 17 Uhr das Teil zu uns zu bringen. Man mag das jetzt ruhig anzweifeln, aber Brian war da (mit Kreuzgelenk). Der ca. 75-Jährige kam auf einem Fahrrad geradelt, sein Hund an einem Bindfaden befestigt, welcher permanent versucht seinem Herrchen aus Lebensfreude, schalkhaft ins Bein zu beißen. Dies kommentiert Brian ebenso spaßig mit Schimpfkanonaden. Man kann diesem Mann nicht böse sein!

Eine große Aufgabe ist auch die Organisation einer Telefonkarte um die große weite Welt des Internets nutzen zu können. Zur Aktivierung dieser braucht man in Brasilien eine Steuernummer, die wir natürlich nicht haben (wollen!). Unser Lieblingstaxifahrer Bernado kennt einen Ausweg und so klappt es dann doch mit der Kommunikation.

Hauptaufgabe für die weiteren Tage ist jedoch der neue Anker. In seinen Abmessungen natürlich nicht unserem alten Anker entsprechend, muss ein Bugbeschlag gebaut werden, damit er mit der Ankerwinsch in seinen Schlafplatz gezogen werden kann. Unser Schweißer Guiliano ist ein sehr netter Mensch, der dem schweren Metall mit beeindruckender Intensität (Riesenflex, Schneidbrenner usw.) zu Leibe rückt.

Planung und technisches Zeichnen ist eher nicht seine Stärke. Ein zertretenes Stück Pappe vom Boden der von Arbeitsabfällen flächig bedecktem Freiluftwerkstatt wird die Schablone, und so wundert es nicht, dass die daraus gefertigten Teile noch mehrfach verändert werden müssen. Da er auch laufend von anderen Menschen abgelenkt wird und er sich dann anderen Tätigkeiten hingibt, muss ein Besatzungsmitglied des Segelschiffes Esmeralda als Wachposten für Guiliano abgestellt werden, welcher ihm auf seinen Wegen folgt. So wird dann tatsächlich 2 Stunden vor dem Ablegezeitpunkt (welcher wegen der Gezeiten auch eingehalten werden musste) alles noch fertig. Der Anker sitzt perfekt in seinem Bettchen und wird dies hoffentlich auch zukünftig im Ankergrund tun!

Der Beginn einer großen Männerfreundschaft!

Wir haben in Jacare eine schöne Zeit gehabt: Fahrradtouren, Essen in kleinen Restaurants bzw. Strandhütten, nette Menschen überall. Trotzdem wird es jetzt Zeit weiterzuziehen.

Es muss mal wieder ausklariert werden, da wir das brasilianische Bundesland wechseln. Einen logischen Grund für diese Qual finden wir nicht. Trotzdem sitzt El Capitano eine Stunde bei der Policia Federal (ca. 20 Taxi-Minuten vom Hafen entfernt), in welcher ca. 5 Formulare bedruckt werden. Danach geht’s zum Hafenkapitän, sinnvollerweise ca. 20 min in genau anderer Richtung entfernt. Auch hier wieder lange Debatten, welche aber letztendlich mit dem Aushändigen weiterer Papierberge enden.

Am 17.11. legen wir dann um 13 Uhr ab und freuen uns auf die ca. 500 Meilen auf dem Meer. Auch Esmeralda scheint sich zu freuen. Nach dem wir uns von Kolumbien bis Jacare gegen Wind und Strom gequält haben, ist jetzt der Strom mit uns und auch der anfängliche Gegenwind dreht nach der ersten Nacht planmäßig auf nordöstliche Richtungen. Das Schiff jauchzt und reitet mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Süden. So schön war das Segeln schon lange nicht mehr! Als in der 3. Nacht doch einmal der Wind deutlich auffrischt, entscheidet sich eine schwer zählbare Menge Vögel, die Nacht lieber auf unserem unruhigen Schiff zu verbringen. In völliger Dunkelheit ist die Zahl wie auch die Art (irgendwas zwischen Möwe und Krähe) nicht auszumachen.

Es herrscht ständiger Anflug weiterer Vögel, wobei sich die Landung als schwierig und langwierig herausstellt. Neuankömmlinge werden von den bereits residenten Bordgästen mit einem Krächzen auf die hinteren Plätze verwiesen. Nach Sonnenaufgang verschwinden die Herrschaften grußlos. Der Reinigungsservice wird gerne vom Bordpersonal übernommen.

Am 21.11. fällt früh am Morgen der Anker in der Bahia de Itaparica, südlich von Salvador. Das Pferdchen wird gestreichelt und gefüttert: Nicht einmal vier Tage für diese Strecke ist doch nicht schlecht!

Ach übrigens: Der Anker hielt sofort. Perfekt!

29.11.- 01.12.2020

Itaparica

Wir ankern vor einer verlassenen Marina. Es gibt noch andere Segelboote, aber die meisten sehen sehr verlassen aus.

Einer unserer ersten Landgänge führt zur Wasserquelle gleich neben der ehemaligen Marina. Mit Schubkarren voller Flaschen kommen die Menschen hierher um Trinkwasser zu zapfen.

Auch wir haben unseren „Hackenporsche“ dabei und transportieren so die schweren Kanister. Sehr schmackhaftes Quellwasser.

Der Ort besteht aus unregelmäßig gepflasterten Wegen, Geschäfte befinden sich in großen Garagen und Bretterbuden, alte rostige Autos fahren herum und natürlich finden wir herumstreunende Hunde und Katzen. Im alten historischen Ortskern entdecken wir etwas heruntergekommene aber trotzdem schöne Kolonialhäuser.

An der Wasserpromenade reihen sich kleine nette Kneipen aneinander. Hier kehren wir erst einmal ein. Bick auf das Wasser und natürlich auf Esmeralda. Was wollen wir mehr?

Am Wochenende wird die Insel gerne von den etwas betuchteren Salvadorianern besucht. Schlagartig wird es dann voll.

Große Motoryachten fallen wie die Heuschrecken ein. Mit Vollspeed kommen sie in die Bucht gerauscht und stoppen abrupt auf. Das gibt schöne Wellen, die Esmeralda und auch uns fliegen lassen. Geankert wird vor einer Sandbank, nicht weit von uns entfernt.

Dann beginnt die Party! Es wird gebadet, getrunken, gegrillt, getanzt und immer von lautstarker Musik untermauert. Tja, und eine Verständigung funktioniert nur durch Schreien.

Und wir? Wir haben das große Glück, die Musik und die dröhnenden Bässe von allen Booten mitzubekommen. Oftmals bleibt nur die Flucht.

Eine reizende argentinische Familie ankert neben uns.

Wir und noch einige andere Gringos, die auf der Insel leben, werden zum Lunch eingeladen.

Nein, es gab kein saftiges, superzartes argentinisches Rinderfilet. Dafür selbstgemachte Pasta. Auch sehr gut.

Wir lernen Pepe kennen, Italiener, Geschichtslehrer, arbeitet in Salvador und lebt auf Itaparica. Ein witziger, intelligenter, ständig rauchender netter Kerl, dem immer eine Seite des Hemdes aus der Hose hängt.. Des Weiteren schließen wir Bekanntschaft mit zwei französischen Herren und ihren brasilianischen Frauen, die auch auf der Insel leben. Wir staunen, sie beherrschen sogar die englische Sprache! Nette Menschen.

Wie wir herausfinden, werden Getränkedosen wie z.B. Bier und Cola nicht einfach so in den normalen Müll geworfen. Nein, auch nicht in den Gelben Sack. Den gibt es hier doch gar nicht. Gesondert lässt man die Dosen neben der Mülltonne stehen. Der ein oder andere verdient sich so ein wenig Geld zum Überleben! Mit einer großen Tüte voller Dosen bekommt man ungefähr 1 Euro.

Sollten wir unseren Konsum steigern um zu helfen?

Mit Pepe und Achilles (dem 23-jährigen Sohn der argentinischen Familie) verabreden wir uns für den nächsten Tag um gemeinsam nach Salvador zu fahren.

Wir wollen Salvador anschauen, Pepe hat dort Termine und Achilles muss seinen brasilianischen Ausweis reklamieren. Die Behörden haben in seinem Ausweis ein Frauenfoto eingedruckt. Wir staunen Bauklötze. Wie kann so etwas passieren?

Früh am Morgen gehen wir gemeinsam mit Achilles zu Pepes Wohnhaus. Die Fahrt wird in einem klapprigen Fiat zur Fähre nach Vera de Cruz fortgesetzt. Der zweitgrößte Ort auf der gegenüberliegenden Seite der Insel.

Auf der Fähre lassen wir uns noch einige Tipps geben und ziehen dann alleine los. Salvador hat ungefähr 300 Kirchen, da gibt es viel zu tun.

Natürlich werden wir „Gringos“ gleich an der ersten Straßenecke von einem Händler abgefangen. Im nu haben wir Wunschbänder um die Handgelenke gebunden bekommen. Ein Geschenk! Wir sollen nichts zahlen. Allerdings sollen wir uns intensiv mit dem ganzen anderen Verkaufskrempel befassen. In diesem Moment schnallen wir was los ist, wimmeln ihn ab und flüchten in die nächste Kirche. Das Wunschband wird dort erst einmal entfernt, wir müssen ja nicht gleich für jeden Händler ersichtliche Beute sein.

Ansonsten sind wir in dieser gefährlichen Stadt weder ausgeraubt, beklaut oder bedroht worden. Lediglich ein Bettler, der uns über die Straße geleitete, war mit dem Kleingeld, was wir ihm dafür gaben, nicht einverstanden. Er fing an zu zetern und zu schimpfen. Endlich mal ein guter Moment für uns nichts zu verstehen.

Für die gemeinsame Heimfahrt treffen wir uns mit Pepe und Achilles am frühen Abend in einer Kneipe wieder. Pepe hat seine erfolgreichen Termine wohl mit viel Bier besiegeln können und Achilles wird vorerst mit dem Frauenfoto in seinem Ausweis weiterleben. Ein Umtausch hätte 60 Tage gedauert. Die Zeit hat er nun wirklich nicht. Mit Bier stoßen wir gemeinsam auf unsere Erfahrungen an.

Zurück an Bord genießen wir die Idylle. Zur Feier des Tages öffnen wir eine unserer Überraschungsdosen aus dem Vorrat. Die Dose stammt wohl noch aus Deutschland. Zur Vorbeugung gegen Kakerlaken entfernen wir immer die Etiketten (Kakerlaken lieben es ihre Eier dahinter zu verstecken). Die eigene Beschriftung ist schon lange nicht mehr lesbar.

Eine gute Überraschung: Es gibt Bohneneintopf

Natürlich waren wir in der Zeit auf Itaparica auch wieder sehr fleißig. Wir wollen unsere Leser aber nicht immer mit den Reparaturen behelligen, daher verzichten wir diesmal auf eine ausführliche Beschreibung.

Zum Abschluss ein Bild von unserer ständig vergrößernden Eigenproduktion an Lebensmitteln!

Am Mittwoch dem 2. Dezember wollen wir weiter. Unser nächstes Ziel heißt:

Bahia de Camamu

02.12. – 13.12.20

Mit dem Nachmittagshochwasser verlassen wir Itaparica, segeln noch einmal dicht an Salvador und den dort ankernden Tankern und Cargoschiffen vorbei und schon wird es dunkel!

Esmeralda ist wieder in gutem Trainingszustand und die ca. 70 Meilen bis zur Bahia de Camamu sind viel zu schnell abgesegelt. Da die Einfahrt in die Bucht ein paar beachtenswerte Riffe aufzuweisen hat und die Verlässlichkeit von Seekarten nun auch begrenzt ist, wird die Segelfläche auf Handtuchgröße verringert und wir dümpeln eine Weile bis Sonnenaufgang (5 Uhr) herum. Dies ist ein wenig schmerzlich, aber doch der sicherere Weg.

Schnell sind wir dann am Ziel und wir finden einen romantischen Platz zwischen einer kleinen Insel und dem Festland inmitten von Mangroven. Andre´ bietet uns eine Mooringtonne an, welche wir gerne annehmen.

Dieser so freundliche Mann unterstützt uns auch bei vielen anderen Dingen, besorgt Benzin für den Außenborder und beschenkt uns großzügig mit Bananen. Nachdem wir ja bisher unser Dinghy tapfer gerudert haben, wollen wir nun unseren Bewegungsradius vergrößern um die Inselwelten der Bahia de Camamu kennenzulernen. Dazu muss unser Außenborder wieder zum Leben erweckt werden. Mehr als ein halbes Jahr der Ruhe hat ihn in eine Art Sommerschlaf versetzt und es dauert fast einen Tag beharrliches Basteln, bis er wieder (besser als je zuvor!) gewillt ist, uns zu begleiten.

Tatsächlich gibt es viel zu sehen!

Wunderschöne Buchten und Inseln mit freundlichen Menschen, Stille, viele kleine Restaurants mit brasilianischer Küche. Letztere wollen wir natürlich auch genießen und statten der nächstgelegenen Bar einen Besuch ab. Da wir die einzigen speisenden Gäste sind, hat die Köchin viel Zeit und fragt uns nach unseren speziellen Wünschen. So bestellen wir ein paar zusätzliche „Kleinigkeiten“ und sind dann völlig überfordert, als unser Tisch in beängstigender Weise mit Schüsseln und Tellern vollgestellt wird. Es gibt für uns zwei Hänflinge keine Hoffnung, dies auch nur annährend zu bewältigen und so lassen wir uns die Reste einpacken. Auch gut!

Doch dann tritt der brasilianische Sonntag heftig in unseren beschaulichen Alltag: Aus allen Richtungen fallen laute Partyboote in unser Paradies ein. Die donnernde „Musik“ überlagert sich zu einem schmerzenden Brei in unseren Ohren und mit Höchstgeschwindigkeit jagen die von uns geliebten Jetskis und Speedboote vorbei. Es wird ein ewiges Rätsel für uns bleiben, wie man auf diese Weise Abstand vom wöchentlichen Berufsalltag bekommen kann.

Doch pünktlich zum Sonnenuntergang ist der Spuk vorbei. Wir zupfen den Gehörschutz aus den Ohren, können ohne Gefahr für Leib und Leben wieder ins Wasser und genießen den Abendcocktail.

Nun allmählich denken wir auch über eine Weiterfahrt nach. Wir kaufen ein paar wichtige Dinge ein, erleichtern die massenhaft vorhandenen Mangobäume um ein paar Früchte und verabschieden uns von unseren sehr freundlichen französischen und brasilianischen Nachbarn. Am 8.12. starten wir zu einer winzigen Inselgruppe im Atlantik, ca. 30 Meilen vom Festland entfernt, den Parcel dos Abrolhos. Es war uns nicht mehr gelungen, irgendwo Bargeld zu ergattern (ein ewiges Problem in Brasilien). Große Sorgen bereitet dies uns aber nicht: Die Abrolhos sind Teil des brasilianischen Nationalparkes, fast unbewohnt und zum Geldausgeben völlig ungeeignet. Die 250 Meilen sind wieder schneller hinter uns als wir uns das wünschten und so ziehen wir in der 2. Nacht die Handbremse um die klippenreiche Einfahrt zu der Inselgruppe im ersten Tageslicht zu erreichen. Die mit Wracks gespickte relativ flache Bank rundum gab letztendlich dem Gebiet seinen Namen (Abrolhos: „Mache die Augen auf“!).

Wir behalten jedoch den überwiegenden Teil des Bootes über Wasser und werden freundlich über Funk (vom Leuchtturmwärter?) begrüßt, dürfen uns eine Mooringtonne nehmen und verabschieden zwei gerade ablegende Boot aus Deutschland und der Schweiz. Wir sind nun erst einmal allein! Per Funk melden wir uns beim Nationalpark an und nach ein paar Stunden kommt Lucas zum Boot gepaddelt und weist uns in die Verhaltensregeln in diesem Gebiet ein. Leider ist die Paarungszeit der Wale gerade vorbei, welche hier von Juni bis November in großer Zahl zu sehen sind. Und leider dürfen wir die Inseln nicht betreten, da hier überall Tölpel und Fregattvögel brüten. Nur in Begleitung eines Führers darf eine kleine Insel besucht werden und Lucas will sich für uns darum kümmern. Schnorcheln ist erlaubt, aber auch das Tauchen ist nur mit Tauchguide möglich. Aber dafür haben wir Verständnis und wir lassen erst einmal die wilde Natur rundherum auf uns wirken: Karge Felsen mit wenigen Palmen bewachsen, überall kreisen Vögel, welche manchmal geräuschvoll ihre Streitigkeiten austragen. So versuchen unfairerweise die Fregattvögel, welche selbst nicht tauchen können, den Tölpeln beim Füttern der Brut die Nahrung zu entreißen. Dies wird natürlich nicht so einfach hingenommen!

Am Nachmittag trifft noch ein Katamaran ein, welcher mit einer Gruppe junger Leute für ein paar Tage zum Tauchen hierbleiben will. Wir nehmen Kontakt zu Lula, dem Chef des Unternehmens auf und vereinbaren ein oder zwei gemeinsame Tauchgänge. Am nächsten Tage werden wir in aller Frühe abgeholt und fahren zu einer Stelle etwas abseits der Inseln. Hier liegt in 25 m Tiefe ein britischer Kaffeefrachter, der im Jahre 1885 die Passage nach England nicht geschafft hat. Es ist für uns ein großes Erlebnis, um das Wrack herum und sogar in das Wrack zu tauchen.

Danach können wir mit Lula auch auf eine der Inseln. Welch ein Erlebnis! Die massenhaft vorhandenen Tölpel kennen keine Gefahr durch die Menschen und dulden uns direkt neben sich und ihrer Brut. Die ewig hungrigen Kinder machen sogar den Versuch, uns um Nahrung zu bitten. Leider sind unsere Kröpfe leer! Wir erfahren viel über die verschiedenen Arten der hier lebenden Tölpel, ihr Brutverhalten und die ewige Feindschaft mit den Fregattvögeln.

Auch lernen wir die lustige Tauchgruppe besser kennen: ein paar junge Brasilianer, die sogar Englisch sprechen und tatsächlich auch ein Paar aus der Schweiz. Wir fühlen uns schnell integriert. Danach tauchen wir noch einmal am Riff, welches jedoch wie überall hier leider nicht sehr lebendig wirkt. Dafür sind die Fische bunt und groß und wir sehen sogar einen Stachelrochen. Nach zwei Tauchgängen sind wir geschafft und lassen uns, nach einer Einladung zum Essen an Bord des Tauchkatamarans, wieder zu unserer Esmeralda übersetzen. Es ist nicht zu glauben, dass die jungen Leute heute wie an jedem Tage an Bord noch zwei weitere Tauchgänge unternehmen, einen davon in Dunkelheit. Unsere Bordroutine sieht jedenfalls jetzt einen Mittagsschlaf und später ein Dekompressionsbier vor, bevor wir gegen 21 Uhr schlafen gehen.

Erstaunlicherweise treffen wir hier französisch-brasilianische Bekannte aus Itaparica wieder, die mit einem Ausflugsboot rüberkamen und uns berichten, dass unsere argentinischen Freunde (Fernando mit Familie) aus Itaparica bereits mit ihrem Schiff in Caravelas eingetroffen sind.  So beschließen wir dann auch, am Montag in Richtung Festland aufzubrechen. Wir freuen uns schon sehr auf ein Wiedersehen, werden aber diese paradiesischen Inseln in schönster Erinnerung behalten.

14.12. – 27.12.2020

Am Morgen verlassen wir die Abrolhos-Inseln. Wir verabschieden uns per Funk bei den freundlichen Nationalpark-Kollegen und haben heute nur knapp 40 Meilen Wegstrecke vor uns. Der Wind ist jedoch flau und so schaffen wir es gerade mit dem letzten Schwung des einlaufenden Hochwassers am Nachmittag zu unserem neuen Ankerplatz im Rio Caravelas direkt vor die Stadt zu gelangen. Die „Gringo“, das Boot unserer argentinischen Freunde, liegt als einziges weiteres Segelboot gleich nebenan. Wir sind sehr gespannt auf Caravelas, haben wir doch schon viel von den besonders freundlichen Menschen in dieser Stadt gehört. Am Abend treffen wir uns mit Barbara und Fernando und deren Kindern Juan und Achilles am Ufer und nun werden wir den Bewohnern vorgestellt.

Schon am nächsten Tage sind wir anscheinend allen bekannt. Wir werden freundlich begrüßt, man spricht uns an (immer schön freundlich reagieren, auch wenn wir nicht viel verstehen) und wir werden uns bewusst, dass dies einer der Orte ist, die wir immer suchen: untouristisch, unspektakulär, aber lebendig. Man bekommt ein Gespür für das normale brasilianische Leben. Und so ändert sich auch unser Bild von Brasilien. Insbesondere durch die Meldungen in Deutschland hatten wir ein politisch und wirtschaftlich zerrissenes Land erwartet, mit Menschen in Armut, gebeutelt durch die Corona-Pandemie. Wir haben natürlich noch nicht viel vom Land gesehen, aber bisher erlebten wir zufriedene und freundliche Menschen, die das Leben zu genießen scheinen und uns Ausländern sehr positiv gegenüberstehen. Allen scheint wichtig zu sein, dass wir einen möglichst guten Eindruck von den Menschen und dem Land bekommen. Wir fühlen uns hier sehr wohl und sicher!

Wir bringen mal wieder unsere Fahrräder an die frische Luft und fahren zu dem etwas außerhalb der Stadt liegenden Strand. Neben dem Meer, einem paradiesischen Palmenstrand und kleinen Bars gibt es hier vor allem auch eine Süßwasserdusche in Form eines Plastikrohres. Nach all dem Atlantikwasser der letzten Wochen genießen wir es, die Salzkruste von unserer Haut zu bekommen. In den nächsten Tagen werden wir noch mehrmals hier diesen Luxus in Anspruch nehmen.

Auch am 24.12. beginnen wir unseren Tag mit einer Fahrt zum Strand. In den frühen Morgenstunden ist es noch nicht so heiß, was alles noch viel angenehmer macht. Wir schlürfen danach eine eiskalte Kokosnuss und dann geht es wieder zurück an Bord. Etwas wehmütig telefonieren wir mit der Familie, hören von den Corona-Sorgen und den daraus resultierenden zusammengestrichenen Weihnachtsfestivitäten und beginnen dann ein den Bordmöglichkeiten angepasstes Weihnachtsmenü zu zaubern. Thüringer Klöße treffen auf Rotkohl und einer Pilz-Zwiebel-Tomaten-Salsa an Halloumi-Käse. Grandios!

Zum späten Abend kehren wir dann bei unseren Nachbarn ein. Jetzt erleben wir lateinamerikanische Weihnachtstradition: Das Fest beginnt erst um Mitternacht und wird mit Glockengeläut der Kirche wie auch der Bordglocke begrüßt. Nun gibt es Sekt und eigentlich wäre dies auch der Zeitpunkt für die Bescherung.

Wir haben einen wunderschönen Abend. Dass wir uns etwas mühsam in einem Kauderwelsch von Englisch und Spanisch verständigen, stört niemanden! Wir erfahren, dass die Argentinier vor ein paar Tagen hier ein Haus gekauft haben, welches sie zu einer Tapas-Bar und einem Hostel umbauen wollen. Dem Heimatlande, geplagt von Korruption, Misswirtschaft und steigender Kriminalität, haben sie endgültig den Rücken gekehrt und wollen sich jetzt eine Existenz in Brasilien aufbauen. Wir haben großen Respekt vor dem Mut der Familie. Fernando ist 59 Jahre alt und plant, das recht heruntergekommene Haus nur mit der Hilfe seiner Familie alleine herzurichten.

Weihnachten vergeht unspektakulär. Wir genießen die Ruhe um uns herum, bemühen uns, die Vielzahl der Bars besser kennenzulernen und sind in Gedanken viel bei unseren Freunden und der Familie in Deutschland.

Wir wünschen allen, die durch das Lesen unserer Erlebnisse ja irgendwie auch Teilnehmen und bei uns sind, ein paar wunderbare Feiertage! Bis bald!

Esmeralda präsentiert: Weihnachten!

27.12.20-01.01.21

Unvorstellbar, aber wir haben im Moment alle Baustellen erledigt.

Hilfe, keine Arbeit mehr!

Unsere Kinder haben uns schon oft gefragt: „Könnt ihr denn nicht einfach mal so abhängen?“ Liebe Kinder! Dieser Tag ist heute gekommen. Wir machen heute einfach mal nichts außer abhängen!

Bis zum Nachmittag ging das ja ganz gut. Dann fiel uns aber die Decke auf den Kopf.

Bewaffnet mit zwei Bierbüchsen schnappen wir uns das Dinghi, lassen uns von der Strömung den Fluss entlang treiben, genießen das kühle Bier und schmieden Pläne für die kommenden Tage. Das fühlt sich doch schon wieder viel besser an.

Gleich am nächsten Tag wird einer in die Tat umgesetzt.
Zeitig satteln wir die Räder. Wir wollen in den 34 km entfernten Küstenort Alcobaca.
Ist doch nicht weit, wird der ein oder andere Leser sagen. Ist ja richtig. Wenn da nicht diese Hitze wäre!

Alcobaca ist etwas enttäuschend. Sehr touristisch. Volle, enge und staubige Straßen. Hinzu kommt ein heftiger Regenschauer, der den Ort nicht freundlicher erscheinen lässt.

Alcobaca hat aber einen wunderschönen Strand und natürlich viel Meer. Zum Abkühlen stürzen wir uns in die Fluten. Kaufen anschließend einen Lautsprecher für unser Boot (immer ein Abenteuer, da uns ja niemand versteht…), helfen einem Mann beim Einparken und erhalten als Dank Mangos.

Auf dem Heimweg fällt uns ein Schild am Straßenrad auf. Darauf steht zu lesen: „Bar“ (nichts ungewöhnliches), aber darunter „Willkommen“. Das macht uns neugierig und wir beschließen einzukehren.

Wir treffen auf den Brasilianer Leo. Wie wir erfahren, hat Leo 16 Jahre in der Schweiz gelebt und spricht daher Deutsch.Er zeigt uns seine Hazienda. Ein wunderschönes Grundstück und ein großes Haus mit Gästezimmern.

Wer in Brasilien seinen Urlaub verbringen möchte, dem können wir diese Unterkunft empfehlen!

Wir kommen ins Plaudern und planen einen gemeinsamen Ausflug für den nächsten Tag.

Überpünktlich sind Leo mit Tochter Isabella am vereinbarten Treffpunkt. Das hat er in der Schweiz gelernt, erzählt er uns später. Besser zu früh und niemals zu spät. Mit einem Fiat (Klimaanlage ist leider kaputt) beginnt eine rasante Fahrt in den 110 km entfernten Nationalpark Monte Pascoal. Jede Bodenwelle lässt uns die Decke küssen und bei den Kurven zieht sich uns der Magen zusammen.

Der Nationalpark wird vom brasilianischen Umweltinstitut (IBAMA) und den Pataxó-Indianern verwaltet. Ein dünner, junger, durchtrainierter Indianern stellt sich uns als Führer vor.

Er wird uns bei der Wanderung auf den Gipfel des Mount Pascoal (536 m) begleiten.

Dieser legt ein ordentliches Tempo vor, ohne auch nur einen Schweißtropfen zu verlieren, während wir schweißgebadet versuchen hinterherzukommen um nicht den Anschluss zu verlieren. Am Gipfel werden wir dann aber mit einer atemberaubenden Aussicht belohnt.

Der Abstieg geht schnell und ist weniger anstrengend, dafür spannend. Eine hochgiftige Schlange kreuzt unseren Weg.

Nach den überstandenen Strapazen ist der Hunger groß und so kochen wir gemeinsam an einer Feuerstelle unser Mittag. Es gibt Penne mit Gemüse und schmeckt fantastisch.

Es ist Silvester.

Wir beginnen den Tag mit einem Ausflug an den Strand. Wir lieben es, dort mal eben ins Wasser zu springen. Noch viel mehr lieben wir aber die dortige Süßwasserdusche! Fühlt sich die Haut doch ohne Salz so gut an.

Nach der ausgiebigen Reinigung genießen wir ein kühles Getränk und eine „Pastel con queso“ (Blätterteig mit Käse) bevor wir den Rückweg antreten.

Wir benötigen noch Sekt für den Abend. Hier geht man nicht einfach so in den Supermarkt und bekommt dann seine Wünsche erfüllt. Nein! Oft müssen so einige Supermärkte abgeklappert werden, bis man alles zusammen hat, oder man hat einfach mal Pech gehabt. Dann heißt es improvisieren. Zum Glück haben wir im fünften Supermarkt Erfolg.

Den Abend verbringen wir mit unseren argentinischen Freunden. Als wir uns gerade auf den Weg zu ihnen machen wollen, begrüßt uns ein Delphinpärchen neben unserem Boot. Was für eine Freude. Die ersten Delphine seit langem.

Bei unseren Freunden gibt es selbstgemachte Gnocchi und von uns Apfelstreusel mit Vanillesoße. Es ist ein unspektakulärer, aber gemütlicher Abend.

Um Mitternacht bekommen wir ein schönes Feuerwerk zu sehen. Ein professionelles Feuerwerk mitten auf dem Wasser. Hundemüde verlassen dann relativ zügig die Party, glücklich endlich ins Bett zu dürfen.

Wir möchten es nicht versäumen, unseren Lesern an dieser Stelle ein gutes, fröhliches und gesundes neues Jahr zu wünschen!

Für den Neujahrstag haben wir uns etwas ganz besonderes vorgenommen. Wir packen etwas Wegzehrung zusammen und steigen am Mittag ins Dinghi, um mit der Strömung und auflaufendem Wasser, flussaufwärts zu fahren. Nach 7 Meilen und mehreren Flussabzweigungen sollen wir dann auf eine riesige Obstplantage stoßen. Diese finden wir leider nicht, aber der Weg ist das Ziel. Einige Male machen wir den Motor aus und lassen uns einfach treiben oder rudern ein Stück. Eine wunderschöne Natur und viele Vögel bekommen wir zu Gesicht. Den Heimweg treten wir dann wieder mit ablaufendem Wasser an. Gen Abend wird das Licht immer schöner. Für uns eine beeindruckende Tour.

03.01. – 07.01.2021

Eigentlich wollten wir jetzt so langsam auch mal wieder weiter. Doch wir verschieben immer wieder die Abfahrt um ein paar Tage. Es sind die kleinen, unspektakulären Erlebnisse, die uns in Caravelas festhalten. Da spricht uns zum Beispiel Giovanni auf der Straße an: Falls wir mal Hilfe brauchen, sollen wir uns an ihn wenden. Jeden Tag bewunderten wir sein Haus, welches sich direkt an der Dinghy-Anlegestelle befindet und von einem wunderschönen Garten umgeben ist. Bananen, Mangos, Brotfrucht und andere tropische Früchte wachsen hier, aber auch Blumen und blühende Sträucher. So ähnlich haben wir uns den Garten Eden vorgestellt.

Wir brauchen irgendwann mal Wasser und klingeln bei Giovanni. Unser Wunsch wird uns natürlich erfüllt und wir laden Vera (seine Frau) und Giovanni für den nächsten Tag zu uns an Bord ein. Tatsächlich stehen beide am nächsten Tage pünktlich am Steg. Nur leider sind die Gastgeber nicht pünktlich! Wir waren uns relativ sicher, dass wir den Abholtermin nicht so ernst nehmen müssen und vermutlich unsere Gäste den Termin auf brasilianische Art dehnbar gestalten werden. Falls sie sich überhaupt noch erinnern… Wir sind sehr beschämt, als wir mit 30 Minuten Verspätung eintreffen! Wo sind unsere deutschen Tugenden nur geblieben? Trotzdem wird es ein lustiger Abend und am nächsten Tage sind wir dann zum Mittagessen ins Traumhaus geladen.

Wir sind begeistert von dem Wohnhaus: luftig, sonnig, alt und neu verbindend! Außerdem erwartet uns ein grandioses Essen.

Besser und brasilianischer haben wir in diesem Lande noch nicht gespeist. Und weil es so schön war, lädt man uns gleich wieder zum Essen in 3 Tagen ein. Dann sind auch Kinder und Enkelkinder da und anscheinend ist es kein Problem, wenn wir da auch noch auftauchen.

Es sind aber auch die anderen Bewohner des Ortes, die uns hier festhalten. Immer wieder spricht man uns an, will Einzelheiten über unsere Reise wissen und auch das desaströse Fußballspiel zwischen Brasilien und Deutschland (1:7 ?, 1:8 ?) spielt eine große Rolle. Leider verstehen wir nicht immer alles.

Auch unsere argentinischen Freunde lassen uns hier nicht weg. So eine große Herzlichkeit gab es selten bei unseren Segelbekanntschaften. Da ja doch der Abschied irgendwann sein muss, wollen wir eine Erinnerung zurücklassen, die Bestand hat. Bei unserem Fahrradausflug nach Alcobaca hatten wir einen Hof gesehen, auf welchem aus Baumteilen massive Möbel hergestellt werden. Da die Gringo-Besatzung ein Haus gekauft hat und u.a. eine Bar eröffnen will, ist ein Massivtisch eventuell ein brauchbares Geschenk. Wir nehmen diesmal den Bus und finden tatsächlich ein passendes Teil. Über den Kauf werden wir uns schnell einig, ungeklärt ist jedoch, wie das gute Stück die 30 km bis Caravelas überwinden soll. Nach vielen Versuchen finden wir einen Taxifahrer, der sich auf diesen verrückten Transport einlassen will. Natürlich passt der Tisch nicht annährend in den Kofferraum. Er wird jedoch kunstvoll verschnürt und befestigt und tatsächlich kommen wir so gut wieder in Caravelas an und können das Geschenk gleich vor Ort übergeben.

Am letzten Caravelas-Abend treffen wir dann in einer Bar zusammen und nehmen schmerzlich Abschied. Zufällig lernen wir auch noch Bruce kennen, ein witziger Engländer, der jetzt nach Reisen durch die ganze Welt sich Caravelas als Alterswohnsitz ausgesucht hat. Etwas wehmütig besteigen wir zu später Stunde das Dinghy.

08.01. – 17.01.2021

Die 180 Meilen bis Vitoria sind schnell bewältigt. In 36 Stunden schiebt uns der moderate achterliche Wind bis vor die Stadt, ohne dass wir viel an der Segelstellung oder Windsteuerung verändern mussten. Vor dem recht vornehmen Yachtclub werfen wir erst einmal den Anker.  Doch der jetzt recht frische Wind mit entsprechender Welle zwingt die alte Dame Esmeralda zu unangemessenen wilden Tänzen und die Besatzung des Schiffes beschließt, einen Parlamentär per Dinghy in die nahe Marina zu entsenden um eventuelle Liegeplatzmodalitäten auszuhandeln. Und, da man sich einigen konnte (trotz vergessenen Schuhen und Maske), liegen wir wenig später mal wieder seit längerer Zeit an einem festen Liegeplatz. Obwohl wir weiterhin das Dinghy für Landgänge nutzen müssen, (wegen der rauen Bedingungen muss ein nicht überspringbarer Abstand zur Betonpier eingehalten werden) ist es auch mal wieder schön, Duschen, Pool und ähnlichen Luxus nutzen zu können.

Wie dann der Zufall so manchmal spielt, liegt neben uns Andreas mit seinem Boot. Wir hatten uns auf den Abrolhos per kurzem Funkgespräch kennen gelernt. Als wir dort ankamen, legte die Mon Bijou gerade ab und wir hatten ein Treffen irgendwo im Süden vereinbart. Der Schweizer ist uns sofort sympathisch und wir planen gemeinsame Unternehmungen. Von Vorteil ist, dass er fließend die Landessprache beherrscht und wegen seines längeren Aufenthaltes hier auch die städtischen Gegebenheiten gut kennt.

Am 12.01. wird es nun ernst! Uns zieht es normalerweise nicht so sehr in die großen Städte. Vitoria hatten wir erwählt, weil wir uns mal wieder bei den Behörden zeigen müssen. Eigentlich muss man in jedem brasilianischen Bundesland in der Capitania wieder neu einklarieren. Durch die Wahl der beschaulichen Ankerplätze haben wir uns dieser Pflicht bisher entzogen und wissen jetzt nicht genau, ob man uns dies übel nehmen wird. Und weil wir unser Büßergewand (lange Hose, sauberes T-Shirt bzw. ein schulterbedeckendes Kleid) einmal angelegt haben, wollen wir auf unserem Gang nach Canossa auch gleich die Police Federal aufsuchen, um unser bald ablaufendes Visum zu verlängern. Normalerweise stehen jedem EU-Bürger nur 3 Monate im Lande zu, jedoch hörten wir von einigen Seglern, dass eine Verlängerung erreicht werden konnte. Da wir schon reichlich mit den Segnungen der brasilianischen Ämter in Berührung gekommen sind, stellen wir uns auf einen langen Tag ein: Wasser, Nahrung, Beruhigungsmittel und stimmungsaufhellende Drogen kommen in den Rucksack! Da man sich im Lande Brasilien einen Spaß daraus zu machen scheint, die Ämter in der möglichst größten Entfernung zueinander zu platzieren, benutzen wir unsere wackeren Fahrräder als Fortbewegungsmittel und brechen gegen 8 Uhr auf.

Vor der Capitania (eine Art Hafenmarine oder Hafenpolizei) steht schon eine Schlange und lässt Böses ahnen. Der Posten am Eingang ist jedoch überaus freundlich und bringt uns, nachdem er uns als Ausländer identifiziert hat, direkt zu dem entsprechenden Schalter. Dort holt man einen sehr freundlichen Beamten heran, welcher englisch spricht und uns, nachdem er unser Anliegen vernommen hat, zur nächsten Tür begleitet. Wir ahnen, dass nun unsere Geduld gefragt ist, bringt man uns doch 2 Stühle vor die Tür. Immer wieder kommt jemand und stellt uns Fragen nach dem Woher und Wohin und dem Wieso und Womit. Nach ca. 90 Minuten ist es soweit: Uns wird ein DIN-A4-Bogen mit Stempel und amtlichen Text überreicht, wir tauschen noch Telefonnummern aus und werden mit der Bitte um erneuten Besuch vor unserer Abreise aus Vitoria in die unklimatisierte Außenwelt entlassen. Was jetzt hier so lange Zeit in Anspruch genommen hat, wissen wir nicht. Vermutlich hat uns unser Unvermögen, die Landessprache zu sprechen, aber eher geholfen. Wir haben uns anscheinend doch nicht ganz gesetzeskonform in der Vergangenheit verhalten.

Doch die wirkliche Aufgabe des Tages wartet noch auf uns! Das Visum! Weitere 10 km radeln wir durch die mittlerweile brütende Hitze zur Police Federal. Hier geht´s mal ganz schnell: Der Beamte erklärt uns, dass wir hier falsch sind und wir weiter zur Immigrations-Nebenstelle der Police Federal radeln müssen. Weitere 15 km durch das Dickicht der Großstadt bis zu einem Einkaufszentrum, wo sich die Behörde im obersten Stockwerk eingenistet hat. Jetzt zur Mittagszeit ist das Amt natürlich geschlossen und wir genehmigen uns ein Frühstück. Mit neuer Energie erklimmen wir dann die oberste Etage und betreten demutsvoll den päpstlichen Hof in Form eines mäßig gefüllten Wartesaales. Die von uns zum Büßergewand erwählten Pilgersandalen (naja, Flip-Flops) erweisen sich hier (wie auch in der Capitania) als unangemessen: Alle außer uns tragen sittsame Halbschuhe!

Dem freundlichen und sogar Englisch sprechenden Beamten erklären wir unser Anliegen, drücken ihm den mittlerweile zu einem beachtlichen Stapel angewachsenen Papierberg in die Hand und warten. Es wird nun langsam Nachmittag, wir warten immer noch, beobachten interessiert das Kommen und Gehen der Kundschaft und das Voranrücken des Minutenzeigers der Wanduhr (jede Minute rutscht der große Zeiger ein kleines Stückchen weiter; nach einer Stunde beginnt das Schauspiel von vorne!) und wir warten weiter. Hin und wieder leben wir kurz auf, da der Beamte uns ein paar Fragen stellt (Woher, Wohin, Wieso, Womit…). Trotz allem werten wir die Wartezeit als positiv, da doch eine pauschale Ablehnung viel schneller gegangen wäre. Irgendwann erscheint der Beamte mit unserem gesamten Papierberg und uns beschleicht das Gefühl, dass es jetzt ernst wird. Wir erfahren Folgendes:

  1. Seit geraumer Zeit sind wir illegal im Lande. Unser am Flughafen in Recife ausgestellten Visum endete nach 30 Tagen, vermutlich da das Schreiben von der Marina Jacare uns bescheinigte, dass wir nur unser Boot abholen wollen und dann sofort das Land verlassen. Es lohnt sich ja doch, solche Texte mal zu übersetzen bzw. durchzulesen. Allerdings hätte man diese Frist von 30 Tagen in den Stempel im Pass eintragen müssen, was nicht geschehen ist. Trotzdem wird uns eine Strafe von 4100 Real (ca. 550 Euro) pro Person auferlegt, welche wir auch schriftlich bestätigt bekommen, jedoch, oh Wunder, nicht bezahlen müssen.
  2. Uns wird eine Frist von 60 Tagen erteilt, dass Land zu verlassen.

Wir verlassen nachdenklich das Amt und überlegen, ob das gut oder schlecht für uns verlaufen ist. Wir entscheiden uns für die positive Variante und sind dann doch recht froh.

Für die Heimfahrt gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder auf dem gleichen Wege zurück, vorbei an den bereits besuchten Pilgerstätten (Police Federal, Capitania) oder direkt zur Marina über eine schnellstraßenähnliche mautpflichtige Brücke, die eigentlich für Radfahrer gesperrt ist. Die von uns gezogene Ereigniskarte favorisiert letztere Variante, jedoch gibt es an der Brücke einen Kontrollposten, der uns freundlich aber bestimmt zurückweist. Nun müssen wir uns also doch durch die immer noch brütend heiße Stadt und den dichten Nachmittagsverkehr ca.  25 km im großen Bogen wieder auf den Heimweg machen. Wir belohnen uns aber auf einem Gemüsemarkt mit einem Zuckerrohrsaft, frischem Obst und einer Pastel de Queijo und sind zufrieden. Im letzten Tageslicht erreichen wir wohlbehalten wieder die Marina.

Um unseren Erfolg zu feiern, stehen die nächsten Tage im Zeichen von Müßiggang und Vergnügungen. Gutes Essen in den schönen Restaurants der Stadt, Einkäufe und sogar ein Ausflug ins Landesinnere steht auf dem Programm. Für diese Fahrt wollten wir gemeinsam mit unserem Nachbarn Andreas ein Auto mieten, was sich aber auf Grund bürokratischer Hemmnisse zerschlägt. So buchen wir dann ein Uber-Fahrzeug. Wilson, der Fahrer, freut sich, uns die schöne bergige Landschaft nahebringen zu können. Wir besuchen Domingos Martin, eine deutsche Kolonie mitten in Brasilien. Fachwerkhäuser, deutsche Namen und Bezeichnungen und sogar Sauerkraut erfreuen unsere Seele.

Danach geht es zum gewaltigen Pedro Azul: Ein beeindruckender runder Felsbrocken ragt in den Himmel. Leider fehlt zum Besteigen die Zeit.

Müde, aber glücklich, sind wir abends wieder auf unserem Schiff.

Dank einer Information unseres brasilianischen Freundes Bruno, den wir in Französisch-Guyana kennen lernten und der noch immer dort auf das Ende der Coronazeit wartet, können wir auch die beste Eiscreme seit Bonaire genießen.

Schön, dass auch solche wichtigen Botschaften unter den Seglern ausgetauscht werden! Vitoria bietet uns Genüsse und Erlebnisse, die die bisherigen eher romantischen Plätze unserer Reise nicht aufzuweisen hatten.

18.01. – 22.01.2021

So langsam reicht es uns in der Marina. Ein Ankerplatz an der frischen Luft ist doch irgendwie befriedigender. Ein paar Menschen in der Marina gehen uns auch ein wenig auf die Nerven. Da sind die drei Damen vom Office. Kommt man ins Büro, sitzen die Damen gelangweilt rum und bearbeiten ihre Fernsprechgeräte. Für uns ist anscheinend der Zeppelin zuständig: Träge erhebt sich das übergewichtige Mädchen und fragt erst einmal nach dem Bootsnamen. Bei derzeit zwei Marina-fremden Besatzungen im Hafen und nach mehr als einer Woche Liegezeit ist das doch beachtlich. Probleme/Anfragen brauchen viel Zeit und werden in der Regel abschlägig beantwortet.

Störend ist auch der permanente Starkwind von Mittag bis nach Sonnenuntergang, der sich hier durch die Düse der Berge und Hochhäuser bildet, welcher auch noch zu allem Übel feine Rußablagerungen vom Stahlwerk auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht auf dem Schiff und vermutlich auch in unseren Lungen hinterlässt.

So fällt uns der Abschied am 20.   Januar nicht schwer. Wir ziehen um in eine gut geschützte Ankerbucht und genießen unsere vermeintliche Freiheit. Die Fahrräder dürfen wir im nahegelegenen Segelverein unterstellen und das Dinghy wartet angekettet am belebten Strand auf uns bei unseren Landgängen. Wunderbarerweise gibt es auch noch Duschen am Strande…

23.01. – 30.01.2021

Heute soll es weitergehen. Wir verabreden uns noch einmal mit Andreas zum Frühstück und danach verladen wir unser Hab und Gut und legen am Nachmittag ab. Es sind ca. 180 Meilen bis zur Saco da Ferradura auf der Halbinsel Buzios. Leider verlässt uns der Wind zum Abend und taucht auch eine lange Weile nicht mehr auf. Nun kann aber auch mal wieder der wackere Perkins zum Gelingen der Expedition beitragen, was ihn sichtlich freut. Nach einem Mix aus Segeln und Motoren kommen wir am 25. in aller Frühe in der malerischen Bucht an.

Hohe Felsen am Eingang säumen die schmale Bucht, Steine und Flachstellen schränken den möglichen Ankerplatz auf einen überschaubaren Platz ein. Dreimalige Versuche mit unserem neuen Bügelanker schlagen fehl. Im sandigen Grund hielt er immer vorbildlich, hier bei Bewuchs (man sieht es am im Anker verhakten Grünzeugs) rutscht er dahin. Da ja auch unser bisheriger Hauptanker, ein Bruce-Anker, bei Bewuchs schon mal schwächelte, ist es nun an der Zeit, unseren bisher im Verborgenen gehaltenen Geheimanker, einen 45-Pfund CQR-Anker, ans Licht der Welt aus den Tiefen der Stauräume des Segelschiffes Esmeralda zu holen. Sofort hakt er sich fest in den Meeresgrund ein und wird dies in den nächsten Tag trotz widriger Bedingungen nicht ändern.

Nun erscheint auch noch ein zweites Segelboot in die Bucht: Bob, der freundliche Brasilianer mit amerikanischen Wurzeln, muss wegen der Enge nahe bei uns ankern. Kurze Zeit später kommt er schon mit dem Dinghy längsseits und bietet als Ortskundiger Hilfe für alle Belange an.

Wir machen es jetzt mal kurz! Was uns hier nicht gefallen hat:

  • permanenter Starkwind fast rund um die Uhr durch die Düsenwirkung der Berge, so dass wir nur selten mit gutem Gefühl das Boot verlassen konnten
  • dadurch ständige Bewegung im Schiff und nervtötendes Pfeifen in der Takelage
  • der nahe belebte Strand und insbesondere die kreischenden Teens, welche sich auf Wasserspielzeug an Motorbooten in der Regel immer um unser Boot herum bespaßen ließen
  • wegen einer antarktischen Meeresströmung, welcher es gerade hier gefällt an die Meeresoberfläche zu gelangen, ist das Wasser eiskalt (aus unserer Sicht)

Gefallen hat uns:

  • die kleine malerische Bucht mit grünen Bergen, welche wir in den Atempausen des Windes bewandert haben
  • ein liebenswertes Restaurant, geführt von einer Frauenmannschaft, mit grandioser einfallsreicher Küche und selbstgemachter brasilianischer Musik als Nachspeise

Nachdem uns klar wurde, dass es sich bei den Windverhältnissen nicht um temporäres Geschehen handelt und somit wenig Hoffnung auf Ruhe im Schiff für die nächsten Tage besteht, holen wir am 30. Januar unseren Anker, den wir in den letzten Tagen sehr liebgewonnen haben, nach oben und ziehen um. Wir hoffen, am 16 Meilen entfernten Cabo Frio einen geschützteren Platz zu finden. Mehrere Buchten auf der Festlandseite und die vorgelagerte Ilha do Cabo Frio lassen dies jedenfalls vermuten.

Doch auch hier nimmt der Wind landnah erst einmal zu und wir müssen lange suchen, bis wir unseren Platz gefunden haben. Hier ist es zwar schön, jedoch befinden wir uns fern jeder Zivilisation und so beschließen wir, gleich morgen in Richtung Rio de Janeiro aufzubrechen.

31.1. – 04.02.2021

Schön wäre es ja, dort bei Tageslicht anzukommen. Zwar sind 73 Meilen nicht so viel, aber die Sonne ist halt auch schon spätestens 19 Uhr hier verschwunden. So klingelt der Wecker um 4.30 Uhr und im ersten Licht des Tages stehlen wir uns aus unserer Bucht. Der kräftige Wind am Kap bleibt aber schon ca. eine halbe Meile westlich später hinter uns zurück und wir trödeln vor dem Wind in Richtung Rio. Auch nicht schlimm. Eine wunderschöne Landschaft mit phantasieanregenden Bergen treibt rechts an uns vorbei und wir genießen einen entspannten Tag auf See.

In Rio sind wir erst um 21 Uhr. Freundlich breitet die Christus-Statue auf dem Berg die Arme aus und auch Giovani, der Verwalter der Mooringtonnen (wir hatten den Kontakt vom freundlichen Bob bekommen), erwartet uns doch tatsächlich und geleitet uns zum richtigen Platz. Hunderte Jachten liegen hier (was wir in der Nacht überhaupt nicht sahen), so dass wir alleine keine Chance gehabt hätten, die richtige Boje zu finden.

Giovani erweist sich übrigens auch am nächsten Morgen als überaus liebenswürdig und hilfreich. Die Mooring können wir umsonst haben (???, wovon lebt er denn?), unsere leere deutsche Gasflasche soll in den nächsten Tagen befüllt werden (die Profis in der Marina Vitoria waren dazu nicht in der Lage) und auch Wasser können wir von seinem neben uns liegenden Tender tanken. Er gibt uns Tipps zur Sicherheit und zu den möglichen Unternehmungen in Rio: Großartig!

Dann kann es ja losgehen. Wir landen mit dem Dinghy am nahen Praia da Urca und lernen die nähere Umgebung kennen. Der Stadtteil, der sich auf der Halbinsel Urca befindet (wo auch der Zuckerhut sich steil emporreckt) ist sehr unbrasilianisch ruhig und entspannt. Wenig Verkehr, nette Restaurants und wunderschöne Strände und bewaldete Berge. Auch der Kontrollgang durch den hiesigen Einkaufsmarkt begeistert uns: Sauerkraut, Gurken, viele Sorten Wein, gutes Brot und vor allem Espressokaffee der richtigen Sorte für unseren kleinen Espressokocher gibt es! Wir hätten nie erwartet, dass im Kaffeeproduktionsland Brasilien der Kaffeekauf ein solches Problem darstellen wird.

Ein großes Missverständnis, welches sich durch unser bisheriges Leben gezogen hat, klärt sich nunmehr auch auf: Die Christusstatue steht gar nicht auf dem Zuckerhut (Pao de Azucar), sondern weit entfernt auf dem Corcovado! (Lieber vielseitig gebildeter Leser! Wir hören das Stöhnen bis hierher. Du hast das natürlich gewusst! Wir eben nicht!)

Am nächsten Tage besteigen wir den Morro da Urca und müssen von hieraus die Seilbahn zum Pao de Azucar nehmen. Von hier oben kann man nun endlich die gesamte Stadt, welche sich um die vielen Berge herum windet, überblicken. Wir sehen den Strand der Copacabana, welcher wegen der vielen Hochhäuser für uns nicht so attraktiv aussieht.

Auch sehen wir die kleine Esmeralda direkt am Fuße des Berges auf uns warten. Auch auf dem Rückweg steigen wir an der ersten Seilbahnstation aus und klettern den Morro da Urca durch den dichten Wald hinab. Es scheint ratsam, auf den Weg zu achten, wird doch ständig auf Schildern vor Schlangen gewarnt. Nun entdecken wir auch endlich die hier lebenden Seidenäffchen (Mico). Sie sind wegen ihres dunklen Fells gut getarnt und bewegen sich völlig lautlos durch den Wald und sind nicht größer als ein Walkman. Kennt noch jeder einen Walkman? Ein Walkman ist ungefähr so groß wie ein Seidenäffchen!

Der wundervolle und sehr heiße Tag endet am Strand und danach in einem der Restaurants direkt vor unserem Liegeplatz.

Am nächsten Tage wollen wir in das Zentrum der Stadt. Zuvor wollen wir aber die Chance nutzen, ein paar notwendige Teile in einem Yachtzubehörladen zu erwerben. Davon gibt es nicht viele in Rio und alle befinden sich auf dem Gelände des regionalen Yachtclubs. Gereift durch die Vitoria-Yachtclub-Erfahrungen wissen wir, was uns erwartet. Wir bekleiden uns mit der Gala-Uniform der Marina Gager, kämmen uns mal wieder die Haare und ziehen los! Der Pförtner am Eingangs-Triumphbogen lässt uns natürlich nicht durch, verweist uns aber gnädig zum entfernten Dienstboteneingang.  Tatsächlich dürfen wir das gelobte Land betreten und bekommen fast alle gesuchten Teile. Tennisplätze, Swimmingpool, viel Dienstpersonal: Wir sind froh, hier nicht liegen zu müssen! Das ist irgendwie nicht unsere Welt!

Nun geht´s weiter in die Stadt. Zwischen den vielen Hochhäusern findet sich das wunderschöne Theater, viele Kirchen und Museen. Leider sind fast alle Gebäude aus den bekannten Gründen geschlossen, so dass wir dann in der Hitze schnell die Lust an der Bummelei verlieren. Noch ein guter Kaffee in der Confeitaria Colombo, einem imposanten Jugendstil-Kaffeehaus, und dann sind wir am späten Nachmittag wieder froh aus dem Trubel raus zu sein.

In der Nacht werden wir von Getöse im Rigg geweckt. Schlagartig hat sich ein kleiner Sturm aufgebaut. Wir retten die losen Teile, welche kurz davor sind, davonzufliegen und hoffen, dass die Mooring hält. An Schlaf ist nicht zu denken und so sitzen wir im Cockpit und warten auf die Wetterberuhigung, welche dann auch nach einer Stunde ungefähr kommt. Am Morgen ist alles grau, es nieselt und erinnert irgendwie an Sommer an der Nord-/Ostsee, was erschreckenderweise die nächsten Tage so bleiben soll. Trotzdem machen wir uns auf dem Weg zum Corcovado. Dort steht die bekannte Christus-Statue 710m über dem Meeresspiegel und gerade heute sieht der Gipfel mit den vorbeiziehenden Wolken noch atemberaubender aus.

Wir fahren mit der Zahnradbahn nach oben, genießen den Ausblick und sind dann doch vom Touristenrummel so genervt, dass wir uns spontan entscheiden, den Rückweg zu Fuß über einen Wanderweg anzutreten. Ein Brasilianer wandert NIE, so dass wir dort sicherlich ungestört sind. Der Wanderweg ist durch ein Tor abgesperrt und auch dort steht, wie überall hier, ein Wachmann. Der fragt uns mehrfach, ob wir uns ganz sicher sind, dies wirklich machen zu wollen. Schließlich muss man mit 2 Stunden Wanderzeit rechnen! Ja, wir wollen! Und wir bereuen es nicht. Der Weg ist steil und anstrengend, aber Wasserfälle (und damit für uns die obligate Süßwasserdusche) und Kapuzineraffen und der wilde Regenwald warten auf uns.

Eine intensiv-grüne Schlange von ca.1m Länge wartet nicht auf uns und verkrümelt sich lieber. Ist vielleicht besser so. Auch heute ist die Wanderung wieder einmal der schönste Teil des Ausflugs. Froh erreichen wir wieder unser schwimmendes Heim.

05.02. – 11.02.21

Lieber Leser!

Jetzt wird alles etwas anders, schmutziger, brutaler! Wer jetzt keine Nerven wie Stahlseile hat, sollte lieber ab Ilha Grande weiterlesen, denn da ist es wieder lieblich und nett.

Alles beginnt damit, dass am Morgen unser Boot flächig mit den Exkrementen anscheinend größerer Vögel bedeckt ist. Nicht nur das Deck, sondern auch Bimini, Sprayhood und Lazy Bag (Nichtsegler seien auf eine Suchmaschine ihres Vertrauens hingewiesen) sind auf ekelerregende Weise mit Ausscheidungen beschmutzt. Widerwärtig! Erstaunlicherweise soll dies auch so die nächsten Tage bzw. Nächte bleiben. Bald können wir den oder die Täter auch ausmachen: Es sind die auch in Europa nicht von allen Menschen geliebten Kormorane, die das obere Salingpaar unseres Mastes als Verdauungsplatz schätzen gelernt haben. Ansprache und auch Verjagen hilft nicht: Wir planen jeden Morgen 1-2 Putz-Stunden fest mit ein.

Weiter geht es mit einem Besuch der Receita Federal (der brasilianischen Zollbehörde) bei uns an Bord. Lange kontrolliert man die Papiere und – natürlich- ist nicht alles in Ordnung. In Brasilien braucht auch das Boot eine Art Visum und dieses wird von dieser Behörde ausgestellt. Unseres war am 31.1. abgelaufen und da wir das System bis dahin nicht vollständig verstanden hatten, konnten wir uns um eine Verlängerung auch nicht bemühen. Man erklärt uns, wo wir uns zu melden haben. Als konfliktscheue Menschen machen wir uns sofort auf den Weg und verbringen den großen Teil des Tages in dieser Behörde. Zusammengefasst ergibt sich das Folgende: Eine Zollbescheinigung für das Boot kann nur in Zusammenhang mit einem Visum für die Mitsegler ausgestellt werden. Wir haben jedoch nur die „Duldung“ bis Mitte März und so schickt man uns zur Policia Federal. Am nächsten Tage drückt man uns dort einen Haufen Papiere in die Hand, welche ausgefüllt und abgearbeitet werden dürfen. Wir müssen uns einen offiziellen Termin auf einer Webseite holen, die gerade nicht funktioniert usw. usf. Außerdem müssen wir auf ein Konto pro Person knapp 20 Euro Bearbeitungsgebühr einzahlen! Mit dem Versprechen eines Beamten, dass er was für uns tun will, entließ man uns jedoch frohgemut und wir hofften auf weitere 90 Tage Visumverlängerung. Am nächsten Tage ging es jedoch sehr schnell: Nein, in unserem Falle ist nichts zu machen! Na toll. Mehrere Taxifahrten, Kopiergebühren, die Bearbeitungsgebühr, ein Haufen Zeit und jede Menge sinnlose Debatten… Der Tag ist eh´ verdorben und so fahren wir gleich weiter zur Receita Federal. Die sind wirklich nett zu uns, winden sich jedoch ein bis zwei Stunden, weil sie nun tatsächlich auch nichts für uns tun können. Irgendwie findet sich aber dann doch noch eine Gesetzeslücke und wir bekommen einen handschriftlichen Text mit schönem Stempel auf unsere Formulare gezaubert, dass das Segelboot Esmeralda sich weitere 30 Tage in Brasilien aufhalten darf. Welch beachtliches Ergebnis dreier auf den Ämtern verbrachter Tage.

Gibt es auch schöne Erlebnisse? Ja, die gibt es! Wir fahren in den nahe gelegen Tijuca-Nationalpark und besteigen den höchsten Berg, den Pico da Tijuca mit immerhin 1021m Höhe.

Der Regenwald macht seinem Namen große Ehre. Viel Wald und viel Regen, aber eine so unberührte wunderschöne Natur direkt neben der Millionenstadt Rio…

Wir besuchen auch den wunderbaren Jardim Botanica.  Schade, dass der Taxifahrer auf dem Wege dorthin uns versucht zu betrügen (Das Taxameter springt in einem unbeobachteten Moment um 30 Real nach oben!). Das lassen wir uns dann doch nicht gefallen, steigen aus und nehmen ab sofort nur noch den preiswerteren und besser kontrollierbaren Uber. Das habt ihr nun davon! Jedoch der riesige Park ist wunderschön. Hier sehen wir nun auch endlich freilebende Tukane, ein wesentlicher Punkt auf unserem Wunschzettel, seit wir in Südamerika sind.

Am 11. Februar verlassen wir früh am Morgen Rio und ziehen weiter westwärts, der sagenhaften Ilha Grande entgegen, von der wir schon so viel Spektakuläres gehört haben. Doch ganz so einfach soll auch das nicht werden: Kurz nach Verlassen der Bucht nimmt sich die Seewasser-Pumpe dienstfrei und somit wird der Motor nicht mehr gekühlt. Dieses Problem hatten wir ja vor einem Jahr bereits, glaubten jedoch, dass die damalige Problemlösung (der uninformierte Leser mag jetzt noch einmal zurückblättern) eine dauerhafte gewesen wäre. Problematisch ist, dass am frühen Morgen noch kein Wind existiert und wir langsam auf kleine Felsinseln vor der Copacabana zutreiben (dramatische Musik im Hintergrund!).

So muss also eine schnelle Lösung gefunden werden. Die Pumpe wird ausgebaut und wir sehen, dass wieder die mangelnde Verbindung zwischen Nockenwelle und Pumpenwelle das Problem darstellt. Wir friemeln nun selbige, ohne das notwendige Distanzstück, direkt auf den Antrieb und diese Lösung funktioniert und wird auch die kommenden Tage erst einmal funktionieren. Trotzdem sind wir etwas frustriert! Die betrüblichen Behördenerlebnisse und nun auch noch die Wiederkehr eines bereits ins Langzeitgedächtnis verschobenen Problems!

Mittlerweile haben wir jedoch ein wenig Wind und sind froh, nicht mehr auf den Motor angewiesen zu sein. Allerdings treiben wir so langsam dahin, dass wir erst gegen 4 Uhr morgens in unserer Bucht eintrudeln. Ankern, Zähne putzen, ab ins Bett!

12.2. – 23.02.2021

Bei Tageslicht sind wir wahrhaft gespannt auf den Blick in die Umgebung. Eine wunderschöne Bucht, umgeben von bewaldeten Bergen, ein kleiner Strand: Ach, hier sind wir richtig. Auch das Wasser ist wieder glasklar und von einer Temperatur, die mit dem Leben zu vereinbaren ist. In den nächsten Tagen ziehen wir von einer kleinen Bucht zur nächsten und genießen die Natur. Wandern kann man auf unwegsamen Pfaden über die Berge hinweg mit wunderschönen Aussichten.

Nur die „Hauptstadt“ der Insel, Vila do Abraao, verlassen wir schnell wieder. Hier ist der Sammelpunkt für alle Urlauber und somit geht es brasilianisch laut zu. Überall Musik, die Wege und Restaurants trotz Corona übervoll.

Von Tiago, einem Segler, welchen wir in Rio kennen gelernt haben, bekommen wir zwei Kontakte zu Mechanikern, die uns bei der Motorreparatur unterstützen könnten. Beide Kontaktaufnahmen enden wohl recht Brasilien-typisch: Auf unsere Anfrage wird sofort geantwortet, weitere Informationen eingefordert und dann – passiert NICHTS! Trotz Rückfragen unsererseits keine Reaktion. So vertagen wir die Problemlösung auf die zu erwartende Rückkehr zum Festland. Immerhin funktioniert ja momentan alles.

Unsere Lieblingsbucht bis jetzt ist die Saco do Ceu.

Hier liegen wir ein paar Tage fast alleine, kein Lärm durch die sonst allgegenwärtigen Taxiboote und ein reizendes Dörfchen ohne Tourismusbetrieb. Beim Schnorcheln beobachten wir Schildkröten beim Tagesgeschäft und wandern zum beeindruckenden Wasserfall Cachoeira Feiticeira.

Als weiteren Höhepunkt erleben wir hier ein Sail-In, eine schwimmende Gaststätte, wo man mit dem Boot anlegen kann. Wir trinken wunderbare frische Säfte und dürfen (kostenlos!) unseren Wassertank in dieser Zeit auffüllen.

Die Ilha Grande war im 18. Jahrhundert fest in der Hand europäischer Piraten. Danach war sie eine Gefängnisinsel und erst 1994 erschloss man sie dem Fremdenverkehr. Es gibt keine Straßen und somit auch keine Autos. Das einzige Transportmittel sind Motorboote, die, ausgerüstet mit riesigen Außenbordern, kreuz und quer herumdonnern. Es gibt keine Bausünden, nur kleinste Dörfer in den Buchten und ansonsten dichter grüner Regenwald auf bis zu 1000 Meter hohen Bergen.

In der Lagoa Azul stoßen wir dann wieder auf das anscheinend typische brasilianische Wochenendleben. Dummerweise ist Sonnabend und die vielen überdimensionierten Motorboote, die an uns vorbeirasen, lassen Schlimmes erahnen. Wir (das einzige Segelboot hier) sind alleine mit vielen Motoryachten in dieser kleinen Bucht, die zu anderen Zeiten sicherlich wunderschön wäre. Wir finden noch ein Plätzchen für uns und beschließen, das Spektakel mal auf uns wirken zu lassen!

Nicht nur, dass ständig Boote mit Volldampf in die Bucht reinkommen oder wieder herauszischen, es rasen auch Taxiboote, Dinghys und die geliebten Jetskis direkt an uns mit geringstem Abstand vorbei. Das protzigste Boot (besetzt mit sehr jungen Leuten) hat die „Musik“-Hoheit übernommen und beschallt die Bucht mit ihren Tanzrhythmen. Natürlich muss man die lauten Geräusche auch durch Schreien übertönen. Die draußen am Rande der Bucht liegenden Ausflugsboote, welche vom Festland mit Urlaubern rüberkamen, haben natürlich auch ihre Anlagen aufgedreht, so dass eine furchtbare Kakophonie bei uns ankommt. Unser Trost ist, dass vermutlich zum Abend alle wieder abhauen werden und Ruhe einkehren wird. Als dann aber ein neues Boot 10m neben uns seinen Anker wirft (es ist absehbar, dass es bei sich drehenden Winden bald zur Kollision kommen muss), suchen wir uns einen Platz in einer ruhigeren Ecke in der sich langsam leerenden Bucht. Solche Situationen haben wir doch schon einige Male erlebt. Wir genießen die Toleranz der Brasilianer und fühlen uns wirklich sehr wohl hier. Sind wir jetzt eventuell nicht tolerant genug? Es hat den Anschein, dass nur uns der Lärm, die fehlende Distanz und die Respektlosigkeit gegenüber der wunderbaren Natur stört. Aber es gelingt uns nicht, für ein solches Verhalten Verständnis aufzubringen.

Der Abend wird aber noch sehr schön. Zwei weitere Segler kommen noch an (Segler -auch aus Brasilien- verhalten sich tatsächlich völlig anders), wir machen einen Spaziergang an Land und beschließen den Abend mit einem guten Essen an Bord.

Am nächsten Morgen stehen wir im ersten Morgenlicht auf: Wir wollen das Schnorchelparadies noch erleben, bevor die sonntägliche Invasion der Partyfreunde einsetzt. Das gelingt nicht ganz. Bereits um 7.30 Uhr kommen die ersten Ausflugsboote lautstark (Musik, Geschrei, Tröten…) an. Brasilien, das Land der Frühaufsteher! Trotzdem genießen wir die Unterwasserwelt. Viele Fische und kleine Kraken leben in einem ansonsten recht grauen Riff.

Nun aber schnell weg. Das Auswahlkriterium für die neue Bucht ist das Nichtvorhandensein von Motorbooten/Ausflugsbooten, was per Fernglas kontrolliert wird. Bald haben wir eine solche gefunden. Der Anker fällt und wir genießen die Ruhe. Schon bald kommt jedoch eines der entsetzlichen Ausflugsboote und der kleine Strand füllt sich mit schreienden und permanent posenden/fotografierenden Menschen. Der Soundtrack dazu kommt von der Bord-Musikanlage! Als bald noch ein zweites Boot dieser Art anlegt und sich die „Musik“ mal wieder überlagert, gehen wir wandern. Ach, der Regenwald mit seinen Vögeln, Zikaden und all den sanften Geräuschen, die man nicht so recht zuordnen kann. Es findet sich auch noch ein einfaches, aber sehr liebevoll geführtes Restaurant. Da man auf der Insel lediglich in der Hauptstadt Nötigstes einkaufen kann, sind wir froh, dass wir hier auch noch etwas Obst von der Besitzerin und ihrem japanischen Mann (erstaunlicherweise gibt es in dem Ort einige hier lebende Japaner) erstehen können.

Zum Abend ist dann Ruhe und das brasilianische Wochenende mal wieder überstanden.

Uns gefällt es in dieser Bucht so gut, dass wir noch einen Tag hierbleiben. Wir wandern auf einen Aussichtspunkt in den Bergen. Der Weg endet an einem kleinen Felsplateau, welches dann steil fast 90 Grad nach unten abfällt. Erst hier kann man die Schönheit dieser Gegend richtig einschätzen. Dutzende Inseln liegen zwischen dem Festland und Ilha Grande, überall Berge und überall grüner Wald.

Was für ein Glück, dies alles sehen und erleben zu dürfen!

Der Blick am Morgen aus dem Fenster!

24.02.-16.03.2021

Wir halten es jetzt kurz mit unserer Schwärmerei über die Ilha Grande. Eine Bucht ist schöner als die andere und jede für sich einzigartig. Das Fortbewegungsmittel heißt Boot. Dabei spielt es keine Rolle, ob man sich per Segelboot, Paddelboot, Ruderboot, Partyboot, Luxusboot oder Schlauchboot von Bucht zu Bucht bewegt.

Die zahlreichen Wanderwege durch den Regenwald sind atemberaubend schön. Wir haben sie oft und gerne genutzt und sie werden uns noch lange in Erinnerung bleiben.

Zum Glück haben die Brasilianer es auch nicht mit dem Tourismus übertrieben. Die kleinen und wenigen Pousadas (Pensionen) sind unauffällig und fügen sich gut in die Natur ein. Bleibt zu hoffen, dass hier nie ein Göhrener Bauherr landen wird!

Geldautomaten sind nicht und Supermärkte kaum auf der Insel zu finden. Mancher Ort hat vielleicht einen sogenannten Gemischtwarenladen. Hier bekommt man in der Regel NICHTS.

Vielleicht findet man Bohnen, Linsen, Zahnpasta und Seife. Diese Utensilien gehören aber nicht zu unseren Schwerpunkten.

Als wir in der Bucht von Aracatiba ankommen, ist unser Vorrat an Frischwaren aufgebraucht. Der Ort verfügt zum Glück über einen kleinen Gemischtwarenladen. Der erste Eindruck schaut nicht vielversprechend aus. Wir blicken in leere Regale. Unser Wunsch nach Obst, Gemüse, Bier, Cola, Backpulver und Mückenspray wird wohl keine Erfüllung finden. Nach anfänglichen Kommunikationsschwierigkeiten mit dem Ladenbesitzer, eilt die Ehefrau zur Hilfe. Unsere zaghafte Frage nach Obst lässt sie in einen Nebenraum verschwinden und mit Mangos, Bananen, Limetten und sogar Maracujas zurückkommen. Die vorsichtige Frage nach Butter und Käse lässt die Dame wieder verschwinden, aber nach kurzer Zeit mit den nachgefragten Produkten zurückkommen. Als die Dame uns dann noch Zwiebeln, Kartoffeln und Tomaten anbietet, sind wir selig. Zufrieden zücken wir die Kreditkarte. Das Kartenlesegerät wird uns in die Hand gedrückt. Man gibt uns deutlich zu verstehen, dass wir dieses bitte zu bedienen haben.

Na schön! Jetzt wissen wir damit auch umzugehen.

Neben vielen Wanderungen haben wir auch 2 Tauchgänge unternommen. In der wunderschönen Lagoa Verde tauchen wir entlang einer Riffkante. Wir bekommen eine Vielzahl von Fischen zu sehen und Schildkröten. Den zweiten Tauchgang machen wir in unserer letzten Bucht, der Saco de Vermelha. Wir sehen ein Schiffswrack in 15 Meter Tiefe.

Seid geraumer Zeit hegen wir den banalen Wunsch, Pizzaessen zu gehen. Im Angebot ist sie häufig, bekommen tut man sie selten. Entweder steht sie nur als Lockmittel auf der Karte oder sie wird nur an bestimmten Tagen zubereitet oder, oder, oder. Was ist denn an Pizza backen so schwierig?

An unserem letzten Abend auf der Insel soll es nun so weit sein. Eine Strandkneipe bietet Pizza an. Wir lassen uns erzählen, dass sie auch noch sehr gut sein soll. Am Nachmittag reservieren wir uns einen Tisch für den Abend, damit auch ja nichts schiefgehen kann.

Am Abend schmeißen wir uns dann in Schale und rudern mit großer Vorfreude und hungrigen Mägen an Land. Das Restaurant finden wir dann voller Enttäuschung „GESCHLOSSEN“ vor!

Die Ilha Grande haben wir in unser Herz geschlossen. Wir werden unsere zahlreichen Fische vermissen, die jeden Morgen so fleißig an unserem Boot geknabbert haben, und so dass Unterwasserschiff in einen einwandfreien Zustand versetzt haben.

Früh am Morgen besprechen wir beim Kaffee unseren bevorstehenden Törn von 30 Seemeilen. In letzter Zeit bewegten sich die Tagestörns ja nur so zwischen 2-8 Seemeilen. Da bedarf es mal wieder einer ausgiebigen Planung.

Bei fast keinem Wind legen wir ab. Da der Motor immer noch kränkelt, wollen wir ihn schonen und ziehen bei jedem Windhauch die Segel, sind aber auch entsprechend langsam unterwegs. Den Regen, der uns ab dem Nachmittag nicht mehr von der Seite weichen will, versuchen wir aufzufangen. Beachtliche 40 Liter kommen zusammen.

Wir schaffen es gerade noch, kurz vor Einbruch der Dunkelheit, den Anker in einer der Buchten Paratys, fallen zu lassen.

Wir beschließen auswärts zu essen und rudern hierfür in die nahegelegene Marina. Es gießt immer noch in Strömen, daher ziehen wir uns Ölzeug an.

Beim Passieren des Wachpersonals wird uns zu verstehen gegeben, dass wir das Dinghi nicht unbeaufsichtigt lassen sollen. Sie bieten uns an, darauf aufzupassen.

Wir gehen fluchend zurück. Die Wege sind doch sehr weit und wir triefen vor Nässe. Die Lust ist uns vergangen und wir kehren zurück an Bord.

Oh Wunder! Am nächsten Tag scheint die Sonne. Das wollen wir nutzen und die Stadt besichtigen. Nun heißt es 1 Seemeile über die Bucht rudern, um zur historischen Altstadt zu gelangen. Bunte Kolonialhäuser erwarten uns. Man fühlt sich gleich in die Vergangenheit zurückversetzt, wenn man durch die kleinen verkehrsberuhigten Gassen schlendert. Das Kopfsteinpflaster hat so seine Tücken. Wenn man nicht umknicken will, ist hier höchste Aufmerksamkeit geboten. Bei Flut sind die Straßen überschwemmt, so wurden in der Vergangenheit die Abwässer weggespült.

Viel Handwerkskunst und Künstler sind hier angesiedelt. Cafes, Kneipen und Restaurants sind in großer Vielzahl vorhanden. Ein toller Ort.

Am darauffolgenden Tag machen wir mit unserem Dinghi beim Wachpersonal in der Marina fest. Dort gibt man uns den Hinweis, dass unser Boot nicht sicher vor Anker liegt. Die Einbruchgefahr ist wohl zu groß.

Der Chef bietet uns in der Marina einen Platz an. Und das kostenlos. Wir sind überwältigt von der Hilfsbereitschaft und nehmen seinen Vorschlag an.

Hat doch auch alles seine Vorteile!

Nach kurzer Zeit haben wir vieles in die Wege geleitet. Einen Mechaniker gefunden, der sich um unseren leckenden Warmwasserboiler kümmern möchte und natürlich um unsere Seewasserpumpe!

Wasser gibt es auch in Hülle und Fülle und Besorgungen lassen sich von der Marina aus ebenfalls gut machen.

Ein weiterer Punkt ist die Policia Federal. Unser Visum läuft in einem Tag aus. Wir entschließen uns, doch nochmal um eine Verlängerung zu bitten.

Dafür müssen wir in den nächstgrößeren Ort Angras dos Reis. Mit unseren Fahrrädern machen wir uns früh auf zum Busbahnhof. Von dort geht es dann 2 Stunden mit dem Bus weiter. Die unsanften Bodenwellen machen das Lesen als Zeitvertreib unmöglich.

Gut vorbereitet, haben wir unsere ganze Visumsgeschichte noch einmal in portugiesischer Sprache zu Papier gebracht, und zeigen dieses nun den Beamten. Nach einer Wartezeit von ungefähr 2 Stunden, in der sich mehrere Beamte mit unserem Fall beschäftigt haben, wird uns das Ergebnis mitgeteilt. Wir sollen zurück nach Recife. Hier kann man nichts für uns tun.

Fassungslos schauen wir uns an. Ausgeschlossen! Wir können nicht zurück.

Wir versuchen die Beamten davon zu überzeugen, dass wir wenigstens eine Art der Duldung ausgeschrieben bekommen. Nur solange die Grenzen zu Uruguay noch geschlossen sind. Dann würden wir das Land sofort verlassen. Man teilt uns daraufhin mit, dass dieses kein Problem sei.

Leider bekommen wir nichts in schriftlicher Form, aber ist das nicht ein gutes Ergebnis und besser als jedes Visum?

Da wir uns in Paraty gut aufgehoben fühlen, werden wir eine Weile hierbleiben.

Außerdem gibt es eine Vielzahl an Kneipen. Es braucht einfach Zeit, bis man diese alle getestet hat.

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Esmeralda präsentiert: Brasiliens Menschen und Tiere

17.03. – 10.04.2021

Ja, wir sind immer noch in Brasilien. Scrollt man den Blogbeitrag Brasilien hinunter, scheint es so, dass wir doch schon recht lange in diesem Land sind. Zu lange? Die Behörden würden sicherlich diese Frage mit einem klaren ´Ja´ beantworten, fehlen uns doch gerade ein paar notwenige Papierchen und Stempelchen. Wir fühlen uns aber recht wohl hier, was letztendlich dazu führte, dass wir immer noch in (oder nahe) Paraty hocken.

Die machbaren Reparaturen sind beendet: Die Seewasserpumpe pumpt wieder fleißig Wasser in den wackeren Perkins, der vom Kühlwasser durchflossene Warmwasserbereiter kann nach zweimaliger Schweißer-Therapie sein Wasser halten und all die kleineren, kaum erwähnenswerten Problemzonen sind beseitigt. Viel Zeit haben wir voller Hoffnung an Bord mit dem Warten auf Eduardo verbracht! Unser vielbeschäftigter Mechaniker tauchte manchmal erst (Stunden nach unserem vereinbarten Termin) gegen 19 oder 20 Uhr auf. Aber auf einen Menschen, der noch bereit ist, Dinge zu reparieren und nicht nur auszutauschen, wartet man doch gerne.

Nun also haben wir frei und dies nutzen wir für

  • Fahrradtouren in die nähere und fernere Umgebung
  • Kennenlernen der einheimischen Bevölkerung
  • Wanderungen
  • Bunkern von Grundnahrungsmitteln (unsere armen klapprigen Klappräder…)
  • Bustouristik zu ferneren Gestaden
  • Dinghyausflüge zu den näheren Buchten und Inseln
  • Rumlungern an Bord

Die Gegend ist hier von einer erschlagenden Schönheit. Unzählige Inseln und Buchten, Paraty mit seinem historischen Stadtkern und gleich hinter der Stadt erstreckt sich das Gebirge mit dem atlantischen Regenwald, klaren Flüssen und Wasserfällen.

Letztere können wir (immer steil bergauf) noch mit unseren Fahrrädern erreichen. Wir liegen oft allein auf einem Stein am rauschenden Fluss und baden in den natürlichen Becken.

Einmal waren wir doch etwas erschrocken, hatten wir bei all den Naturgeräuschen nicht die Ankunft einer kontaktfreudigen Familie auf unsrem ca. 3x5m großen Felsen mitbekommen. Eigentlich war überall genug Platz… Brasilianer fühlen sich aber eher von anderen Menschen angezogen (egal ob am Strand, auf Ankerplätzen oder in der Stadt) und kennen da auch in Coronazeiten keinerlei Abstandsregeln. Man redet halt gerne… Auch wir schwatzen kurz, soweit die Sprachbarrieren dies erlauben, dann ziehen wir uns aus den allseits bekannten Gründen lieber zurück.

Nachdem uns die Radtour nach Paraty-Mirim (einem hübschen Strand mit kleinem Dorf) wegen der steilen Berge an den Rand der kompletten Erschöpfung brachte, nutzen wir für den Ausflug nach Tridade den Linienbus. Wir freuen uns wieder einmal über die Busfahrer, die den Fahrgast nicht als Hauptstörenfried ihrer komplizierten Tätigkeit sehen. Es wird überall angehalten um einen Fahrgast aufzusammeln bzw. wieder hinauszulassen. Manche Gäste steigen hinten ein und auch wieder aus und kommen dann nach vorne um zu bezahlen. Kein Misstrauen, keine Zurechtweisungen… Große Begeisterung seitens der diesbezüglich wenig verwöhnten Nutzer deutscher Verkehrsmittel!

Tridade ist übrigens ein wunderschöner, mehrfach durch Berge und Wälder unterteilter riesiger Strand, welcher in einem durch große Felsen abgetrennten Naturschwimmbecken endet. Hierhin schauen wir zuerst, jedoch wählen wir spontan dann den völlig leeren Sandstrand als Zufluchtsort, ist dieses Becken doch beinahe randvoll angefüllt mit auf Schwimmnudeln dümpelnden, biertrinkenden Badegästen. Auch hier ist Corona kein Thema…

Im Vergleich zu Paraty ist das Wasser wieder glasklar und auch den nicht durch Inseln versperrten Blick auf den Horizont genießen wir. Zum frühen Nachmittag wird der Himmel jedoch schwarz. Ein massiver Regen mit heftigem Gewitter bricht über uns herein und schon bald geben wir es auf, irgendwie trocken zu bleiben. Sinnlos! Ein paar Kinder deuten uns an, dass wir den Strand verlassen sollen. Auf dem Rückweg verstehen wir, was sie meinten: Der kleine Bach aus dem nahen Gebirge, welchen man bequem auf dem Hinweg durchwaten konnte, ist nun zum reißenden Strom geworden. Bis zu den Hüften im Wasser gelangen wir aber doch ans andere Ufer (nass waren wir eh´) und wir sind um eine Erfahrung reicher. Irgendwann kommt aber die Sonne wieder und so schlimm sind dann die nassen Klamotten nicht mehr.

Koy, unser Nachbar in der Marina, lädt uns zur Bootsbesichtigung ein. Koy ist eine Art Hausmeister auf einem riesigen blitzenden Motorboot. Der Besitzer ist ein Rechtsanwalt aus Sao Paulo, welcher mehrere Boote dieser Art besitzt. Außerdem auch Häuser an den schönsten Plätzen der Welt, Hubschrauber… Anfänglich fasziniert, später eher nachdenklich besichtigen wir das Wunderwerk an Technik, welches anscheinend um seiner selbst willen permanent gepflegt und geputzt wird. Fast das ganze Jahr wohnt das Traumschiff im Hafen. Um all die Wohlstandsobjekte am Laufen zu halten, muss der Besitzer viel arbeiten und hat darum wenig Zeit für solche Vergnügungen. Verständlich… Aber wo ist der Sinn?

Auf dem Gelände unserer Marina befindet sich das Geburtshaus von Julia Mann, der Mutter von Thomas Mann. Dieses wunderschöne Haus war mal eine Cachaca-Brennerei und Teil einer Zuckerrohrplantage. Bemühungen von Frido Mann, dieses Gebäude als Museum zu erhalten, schlugen leider fehl. Wir hoffen sehr, dass der Marinabetreiber bald eine dem historischen Wert des Hauses angemessene Lösung findet!

Wir freuen uns sehr, als wir von unseren Freunden aus der Schweiz und Deutschland (Andreas, Tommy und Tom) Nachricht bekommen, dass sie in unserer Nähe sind. Wir hatten uns erstmals auf den Abrolhos getroffen, später dann Andreas in Vitoria und nun können wir hier ein paar Abende zusammen verbringen und uns in gewohnter Sprache austauschen.

Das Einkaufsparadies Paraty bietet fast alles an Geschäften, was ein reisender Segler sich nur wünschen kann. Die sechs Geschäfte für Bootsbedarf in einer Stadt sind für uns bis jetzt Landesrekord.

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Unser neues Ölzeug (Chuva Evolution Offshore Dynamic Pro) kaufen wir allerdings bei einem Straßenhändler, der zufällig gemeinsam mit einem heftigen Regenguss vor uns auftaucht. Für ca. 2 Euro erwerben wir zwei Hochleistungsanzüge, die keine Wünsche offenlassen.

Nach längeren Verhandlungen konnten wir für unsere Kunden den Direktvertrieb für Europa, Georgien und die südliche Mongolei sichern! Ein Katalog ist in Arbeit. Schon jetzt kann dieses hochwertige Kleidungsstück unter der Bestellnummer 4711 direkt über unseren Webshop bezogen werden. Bis auf Widerruf gibt es einen Rabatt von 10% für Erstbesteller (Rabattcode ESMERALDA10).

Ende der Werbung

Auch den besten Kaffee unserer Reise finden wir. In einem kleinen Laden wird der oberhalb der Stadt in den Bergen angebaute Kaffee verkauft, welcher ein unglaubliches Aroma hat. Unser Boot riecht nun nicht mehr nach Boot, sondern eher wie eine Kaffeerösterei. Uns gefällt´s!

Trotz aller Kurzweil wird es nun Zeit, den Platz zu wechseln. Ende April wollen wir in Santos das Boot an Land nehmen um den Unterwasseranstrich zu erneuern. Außerdem ist eine Marina zwar mal ganz attraktiv, aber doch eher nicht unser Platz. Wir freuen uns auf schöne Ankerplätze und morgendliche Bäder im klaren Wasser. Die schier überbordende Hilfsbereitschaft der hiesigen Segler hat unser Fernsprechgerät gefüllt mit hilfreichen Kontakten in Santos, wir kennen jeden schönen Punkt der kommenden Wegstrecke und sogar das WLAN-Password des Traumhauses des oben erwähnten Rechtsanwaltes in einer der nächsten Buchten ist abgespeichert. Was soll uns nun noch passieren?

11.04.-29.04.2021

Endlich wieder unterwegs. Das fühlt sich gut an, waren wir doch, für unsere Verhältnisse, eine sehr lange Zeit an einem Ort. Zwar können wir kaum segeln, da kein Wind ist, wir haben aber ja nur eine kleine Etappe von 15 Seemeilen vor uns. Die Bucht ist makellos. Keine Nachbarn, klares Wasser und ein freier Blick in die herrliche Natur. Eine echte Augenweide. Wir verschmelzen wieder mit der Natur und das wunderbare Gefühl von Freiheit kommt zurück. Wir genießen die Geräusche der Vogelwelt um uns herum. Wie paradiesisch!

Am zweiten Tag ändert sich die Idylle schlagartig. Der Wind frischt am Nachmittag auf, während wir immer noch mit „Genießen“ beschäftigt sind. Ein zufälliger Blick in Richtung Land lässt uns erschaudern. Wir treiben ja und das mit einer beachtlichen Geschwindigkeit. Hektik kommt auf. Wir starten den Motor, hissen den Anker und verholen uns in eine windgeschütztere Ecke. Gerade nochmal gut gegangen. Was für ein Glück, dass wir an Bord geblieben sind. Nicht auszudenken wenn….

Das Boot verlassen wir an diesem Tag nicht mehr. Ein ungutes Gefühl bleibt.

Wir erblicken eine Floating Bar (Schwimmende Kneipe). Dieser statten wir am nächsten Tage einen Besuch ab. Wir sind die einzigen Gäste, wahrscheinlich seit Langem. Der Besitzer hat uns viel zu erzählen. Wir verstehen nur einen Bruchteil, nicken aber fleißig und schenken ihm unsere volle Aufmerksamkeit, während wir unseren Cocktail schlürfen. Natürlich immer mit Kontrollblick zum Boot.

Der Mann scheint gar nicht zu bemerken, dass wir ihn nicht verstehen, oder es stört ihn nicht. Er wirkte sehr glücklich, seine Lebensgeschichte erzählen zu können.

Die Saco do Mamangua ist unser nächstes Ziel. Die Empfehlung unseres brasilianischen Freundes Koy (Pfleger des Powerbootes in Paraty). Das Angebot, die Mooring von „El jefe“ zu nehmen, nutzen wir. In der Bucht entstehen häufig heftige Winde. Außerdem finden wir dort doch das W-LAN Sahnehäubchen. Der Platz ist schnell gefunden. Zur Absicherung rudern wir an Land, und informieren den dort fleißig arbeitende Gärtner über unsere Anwesenheit. Große Augen schauen uns an, er versteht uns wohl nicht richtig, aber nickt freundlich. Wir versuchen uns in Brasilien auf Spanisch zu verständigen. Klappt aber nicht immer. Egal, Koy versicherte uns noch beim Abschied, dass das Personal über uns informiert ist. Wir liegen sicher an der Mooring und der Platz ist schön. Nur das W-LAN Passwort funktioniert nicht.

Wir nutzen die Zeit für Wanderungen. Es geht auf den Pao de Acucar (500m hoch), der höchste Berg in der Bucht. Vom Gipfel werden wir durch einen atemberaubenden Blick auf die Mamangua Fjorde belohnt. Lange verweilen wir dort oben und genießen die Aussicht.

Eine weitere Wanderung führt uns zum Wasserfall. Auf den vorbeikommenden Hinweisschildern wird jetzt nicht nur auf Schlangen hingewiesen, sondern auch auf Skorpione und giftige Spinnen.

Bei den Spinnen handelt es sich um die Brasilianische Wanderspinne -auch als Bananenspinne bekannt. Es gibt acht Arten und der Biss kann für Menschen tödlich enden. Den Namen Bananenspinne bekam sie, weil sie in der Vergangenheit gelegentlich in Bananenkisten in andere Kontinente der Welt unwissentlich mitexportiert wurde.

Die giftigen Tiere haben uns nicht gebissen, dafür attackieren uns Unmengen von Mücken, die böse juckende Stiche hinterlassen.

Am zweiten Tag in der Bucht kommt ein Angestellter zu uns gefahren. „El Patron“ wird erwartet, wir sollen die Mooring freimachen. Wir verholen uns an den Nachbarstrand. Koy schicken wir noch ein Foto und bedanken uns für den schönen Platz.
Als Antwort erhalten wir: „I don‘t know this place but enjoy!“

Die nächsten erwähnenswerten Plätze sind 2 kleine Inseln. Ilha das Coves ist ein Teil des Couves-Archipels zu denen mehrere kleine Inseln und Inselchen gehören und 15 Meilen östlich von Ubatuba liegen. Unbewohnt, allerdings hat der Tourismus sie entdeckt. Die uns bekannten Schooner springen uns als allererstes ins Auge. Dann die plantschenden Menschen mit ihren Schwimmnudeln im Wasser.

Am Abend sind sie aber alle verschwunden und wir genießen die Ruhe.

Die Ilha Anchieta ist die nächste Insel, die wir besuchen. Eine alte Gefängnisinsel. Die alten Gebäude sind noch als Ruinen vorhanden. Es gibt ein Museum, das über die Geschichte berichtet. Außerdem wohnen auf der Insel Affen. Das wollen wir uns anschauen.

Wir rudern an Land und werden postwendend vom Wachpersonal abgefangen und abgewimmelt. Aufgrund der Pandemie darf man die Insel nicht betreten. Uns fehlt das Verständnis! Wo ist da der Sinn?

Sind wir besser bei den Menschen mit den Schwimmnudeln aufgehoben?

Ein paar Tage verbringen wir noch auf der Ilhabela.
Wir wollen wandern und den berühmtesten und schönsten Berg „Pico de Baepi“ erklimmen. Der dichte Regenwald der Insel ist Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und Tiere. Von Zedernbäumen zu Trompetenbäumen bis hin zu Tukanen und Kapuzineraffen. All das versprechen wir uns zu Gesicht zu bekommen.


Am Eingang des Wanderweges befinden sich Wachen. Wir dürfen nur mit einem Guide wandern. Aufgrund der Pandemie. Ist das zu glauben? Ein brasilianisches Pärchen erzählt uns, dass dieses ein Versuch ist, mit der Pandemie Geld zu verdienen. Sie bieten an, uns zum Cachoeira da Toca mitzunehmen. Es gibt dort gleich 4 Wasserfälle und eine noch produzierende Cachacas Brennerei, die man besichtigen kann. Das klingt nach einer schönen Alternative. Wir stimmen zu.

Der Name Toca heißt Höhle. Der Fluss fließt in diese Höhle und endet auf einem Felsen. Der Felsen bildet eine kleine Wasserrutsche. Ein Spaß für jung und alt.

Nach anschließender Führung durch die Brennerei, dürfen wir den Cachacas probieren. Beseelt kehren wir zurück an Bord.

Am 29.04. ist es dann aber soweit. Wir erreichen Santos und liegen nun in der MCP Marina. Am 03.05. darf das Boot aus dem Wasser. Wir wollen das Unterwasserschiff streichen.

30.04. – 20.05.21

Wir liegen nun in Santos in der berühmten MCP-Werft. Schon in Französisch-Guyana hatte uns Bruno den Tipp gegeben, dass wir hier für jegliche Reparaturen in Brasilien gut aufgehoben wären und viele weitere Segler schwärmten von diesem Platz. Mit viel Getöse werden hier ca. 50-Meter-große Luxusyachten aus Aluminium gebaut. Da die Besitzerfamilie selbst segelt, hat man ein Herz für die Bedürfnisse der Fahrtensegler und bietet einen begrenzten Platz für ein paar Boote regelmäßig an.

Zuerst fahren wir in das auf der anderen Seite des Flusses gelegene Farbengeschäft, wo wir bereits in Paraty versucht hatten, die für ein Aluminiumboot notwendige spezielle Antifouling-Farbe zu reservieren. Tatsächlich klappt alles. Wir bekommen den Primer, die nötige Verdünnung und vor allem Jotun Seaquantum, ein Antifouling für die Berufsschifffahrt mit sehr langem Schutz vor Bewuchs. Der Fahrer des nun bestellten Uber-Fahrzeugs ist etwas ungehalten. Sein Kleinwagen bricht fast zusammen unter der Last und außerdem muss er mit uns die kostenpflichtige Fähre benutzen, welche im Uberpreis nicht enthalten ist. Ein Geldschein wechselt den Besitzer und es herrscht wieder Frieden im Fiat.

Mit einem Tag Verspätung geht es dann am 4.5. an Land. Dank unserer regelmäßigen Unterwasserputzarbeiten sieht das Boot untenrum recht sauber aus. Die wenigen Muscheln und Seepocken fegt der gewaltige Hochdruckreiniger der Werft hinweg.

In den nächsten Tagen wird geschliffen und später gestrichen. Da unsere alte Dame an den Hüften etwas zugelegt hat und darum tiefer im Wasser liegt, ziehen wir den Unterwasseranstrich etwas höher und nun fällt das gar nicht mehr auf.

Außerdem gibt es eine Vielzahl kleiner und größerer Reparaturen, welche nur an Land möglich sind. Wir wechseln das Wellenlager, welches abgenutzt ist, die Anoden werden getauscht, der Ankerbeschlag ein wenig verändert und vieles mehr. Was so einfach klingt, bietet im Detail immer ein Problem, was die Sache in der Regel etwas komplizierter macht. Aber irgendwann ist alles fertig und es geht wieder ins Wasser zurück. Wir sind sehr froh: Ein nächtlicher Sturm hatte das an Land stehende Boot etwas durchgeschüttelt, was kein sehr schönes Gefühl ist. An Schlaf war nicht zu denken. In einer anderen Nacht hatte es so intensiv geregnet, dass der gesamte Hof der Werft 20cm unter Wasser stand. Auch nicht so schön. Jetzt leben wir wieder in unserem natürlichen Element!

Wir haben uns nach längerer Überlegung nun entschlossen, baldmöglichst Brasilien zu verlassen und südwärts zu ziehen in Richtung Argentinien/Patagonien. Einerseits beeinträchtigt unser illegaler Status in Brasilien doch etwas unsere Aktivitäten. Andererseits hörten wir von Segelfreunden, die bereits in Patagonien sind, dass die Winterzeit dort windtechnisch eher günstiger ist, da in der Regel stabile Hochdruckverhältnisse herrschen und damit weniger Stürme zu beobachten sind, was jedoch auch bittere Kälte bedeutet. So versuchen wir, das Boot auf diese extremeren Bedingungen vorzubereiten. Wir schaffen uns nun doch noch einen neuen Anker an (Rocna Bügelanker), welcher mit 35kg eigentlich für unsere Bootsgröße überdimensioniert scheint, jedoch mehr Sicherheit an den wilden Ankerplätzen des Südens bedeutet. Die Ankerkette wird inspiziert, ein paar dünnere Glieder mit der Flex entfernt und eine Verbindung mit einem Kettenglied (großartig verschweißt von dem Werftschweißer) wieder hergestellt. Nun wenden wir noch die 60m Ankerkette, so dass jetzt auch mal die Teile ins Wasser dürfen, die bisher zumeist im Trockenen waren und damit natürlich auch weniger abgenutzt sind.

Da der mächtige Anker nun nicht mehr in sein Bettchen passt, muss auch die Luke für den Ankerkasten verändert werden. Dies macht eine externe Firma perfekt innerhalb von 2 Tagen. Ein Rigger begutachtet unser Rigg und passt die Wantenspannung den Verhältnissen an. Unterstützt wurden wir von der Ingenieurin Ive, die hilfreich zur Seite steht und die Kontakte zu den Handwerkern herstellte.

In all diesen Tagen glaubten wir immer wieder, dass morgen ja nichts Großes auf uns wartet und wir ruhiger in den Tag starten können. Es fand sich jedoch immer wieder eine neue Aufgabe, die neue Probleme mit sich brachte… Man kennt das ja. Jedenfalls haben wir von der vermutlich schönen Umgebung nichts gesehen. Dafür desto mehr Ferreterias, Farbenläden, Technikläden…

Ein schöner Ausgleich für die Entbehrungen des Tages waren unsere Schweizer Freunde Tommy und Res und unser deutscher Freund Tom, welche auch in benachbarten Marinas lagen. Abends gingen wir in die wenigen erlebenswerten Restaurants oder saßen beim Bier an Bord zusammen. Leider fuhren Tom und Tommy bald schon wieder nach Hause, da ihr Visum nicht verlängert wurde und sie erst einmal 3 Monate Brasilien verlassen mussten.

Auch in der MCP-Werft wurden wir schnell in die große Familie aufgenommen. Zum Geburtstag des Juniorchefs wurden neben der großen Familie auch die hier sich gerade befindlichen Yachtbewohner eingeladen. Völlig zwanglos genossen wir einen Grill-Nachmittag. Ein paar Tage später eine wurde dann noch Abschiedsgrillparty für das Segelschiff Esmeralda veranstaltet. Für uns eine große Freude!

Wir machen wieder die wunderschöne Erfahrung, wie hilfreich und selbstlos die Menschen in Brasilien zumeist sind. Hier nur ein Beispiel:

Für unseren Perkins-Motor brauchten wir ein paar Ersatzteile. Da dieser Motor baugleich zu einem Volvo-Penta-Motor ist, suchten wir eine ca. 15km entfernte Volvo-Penta-Agentur auf. Die meisten Ersatzteile waren zwar nicht vorhanden, jedoch schenkte man uns 2 nicht mehr originalverpackte Impeller, die wir tatsächlich relativ dringend brauchten. Wie so oft bereits erlebt, wollte er auf keinen Falle Geld hierfür haben. Unsere Proteste führten dann letztendlich dazu, dass der Chef uns auch noch mit dem Umweg über einen Supermarkt (wo wir Wichtiges einkaufen konnten) zur MCP-Werft zurückfuhr. Lustig war, dass er sogar unser Boot kannte, da ihm ein Freund am Tage zuvor ein Bild von uns schickte, als wir in den Hafen von Santos einfuhren. Außerdem kannte er auch all die brasilianischen Segelfreunde, die wir irgendwo mal trafen. Welch eine kleine (Segler-)Welt!

Wir haben dieses Land sehr lieben gelernt, spüren aber trotzdem, dass es an der Zeit ist, weiterzuziehen. In kürzeren und längeren Sprüngen werden wir nun mit dem hoffentlich passenden Wetterfenster bald in Argentinien sein, wo wir trotz geschlossener Grenzen auf legale Weiterreise hoffen.

21.5. – 27.05.21

Trotz auch an diesem Tage nicht enden wollender Verabschiedungszeremonie kommen wir relativ früh los. Wir machen noch ein kleiner Umweg zu unserem Schweizer Freund Res, der uns herzlichst mit Landesfahne und Bergjodler auf die Weiterreise schickt. Dann hat uns das Meer endlich wieder!

Mit moderaten Winden geht es durch den Tag und in die Nacht. Wir kommen gut voran und genießen das entspannte Segeln. Erst am Morgen, zur eigentlich schönsten Zeit der Nachtwache, wenn die Sonne wieder die Macht übernimmt, spüren wir die Faust der Natur: Schlagartig frischt der Wind bis zu 30 Knoten auf und dreht – natürlich- auf Gegenwind. Dies hält dann tatsächlich 2-3 Stunden an und dann ist wieder alles schön. Am nächsten Morgen dürfen wir das gleiche Schauspiel erleben. Allerdings ist dann unser Ziel Porto Belo schon in Sichtweite und wir können bald Schutz suchen hinter einer kleinen Insel. Auf diese Idee kommen allerdings noch weitere Wassersportfreunde. Wie wir dies von den vergangenen Sonntagen kennen, wird im 10-Meter-Abstand geankert und dann der Grill und die Musikanlage hochgefahren.

Aber der Ortsname passt. Hier ist es wirklich schön! Eine kleine Stadt mit vielen Hinweisen auf deutsche Einwohner, alles recht sauber und ordentlich. Eine wunderschöne Bucht mit Wald und Ruhe (nachdem Pfingsten vorbei ist). Wir fühlen uns sofort wohl.

Mittlerweile spürt man die jahreszeitlichen Veränderungen. Hier auf der Südhalbkugel geht es nun in den Herbst und dies fühlen wir jeden Morgen beim Baden, an den kürzeren Tagen und den niedrigen Temperaturen.

28.05. – 03.06.21

Eigentlich wollten wir direkt nach Rio Grande weiter. Aber für die fast 400 Meilen gibt es momentan nicht das richtige Wetterfenster. Immer wieder kommen Tiefdruckgebiete mit südlichem Starkwind aus Richtung Argentinien angaloppiert, so dass wir doch in kürzeren Abschnitten weiterziehen müssen. Unser nächstes Ziel ist Imbituba, eine kleine Bucht, die auf der Karte ganz idyllisch aussah. In der Realität entpuppt sich der lauschige Ort als Industriehafen und völlig ungeschützt gegen nördliche Winde. Den haben wir aber derzeit und der momentane Starkwind von wenigstens 25 Knoten rauscht mit großer Welle direkt auf unseren Ankerplatz.

Wir freuen uns zwar, dass unter diesen Bedingungen der Anker hält, aber haben keine Lust hier zu bleiben. Da zum Abend dann auch der Wind auf Süd drehen wird, gilt es sich schnell zu entscheiden. Laguna liegt 17 Meilen südlich und ist der letzte Hafen auf dem Wege nach Rio Grande, welches dann noch einmal 300 Meilen entfernt ist. Eigentlich wollten wir dort nicht hin, da die Einfahrt schmal und wegen Untiefen schwierig zu sein scheint. Außerdem sind in der Karte die Gefahr von schweren Brechern vermerkt. Nun gibt es aber keine andere Wahl: Anker hoch und auf nach Laguna solange der Wind noch passt. Die Distanz ist bei dem kräftigen Wind im Dauerregen schnell bewältigt. Mit kurzem Blick nehmen wir noch eine Herde Delphine wahr und dann konzentrieren wir uns auf die komplizierte Einfahrt. Schnell beruhigt sich das Meer in der langen schmalen Einfahrt und der einlaufende Strom nimmt uns mit sich. Das geht erst einmal ganz gut, doch dann sitzen wir mit einem Ruck auf. Die Karte zeigt hier 10 Meter Tiefe an, was irgendwie nicht zu stimmen scheint. Und leider drückt uns der Strom in die falsche Richtung…

Der wackere Perkins muss jetzt zeigen, was er kann und tatsächlich schaffen es die 60 Pferde nach 5 qualvollen Minuten uns wieder in tieferes Wasser zu bugsieren.

Ja, nun müssen wir ohne Karte einen Ankerplatz finden. Wir tasten uns vorsichtig in die andere Richtung (laut unserer Seekarte fahren wir über Land!) und ankern dann auf 2,5 Meter Tiefe. Mittlerweile ist es dunkel und für heute reicht es. Raus aus den nassen Klamotten, der Dieselofen wird angezündet und wir kochen uns etwas Warmes zum Abend.

Am nächsten Morgen sieht doch alles schon besser aus. Vor uns breitet sich die weite Lagune aus, die der kleinen Stadt ihren Namen gab. Fischerboote, Berge am Horizont, in der Ferne einige Kirchen und tatsächlich auch mal wieder etwas Sonne. Schön, dass wir hier sind!

Natürlich gibt es auch mal wieder ein paar Bootsprobleme. Bei den heftigen achterlichen Winden trat irgendwo am Heck Wasser ins Boot, welches sich dann an allen möglichen Stellen zeigt. Da es ja notwendigerweise für Kabel, Lenzpumpe etc. einige Rumpfdurchlässe geben muss und ein wenig Feuchtigkeit so mancherorts zu finden ist, versuchen wir all diese Punkte besser abzudichten. Da gibt es dann schon mal einen Tag ausreichend Arbeit und man hat die Chance, sich in die intimsten Bereiche des Segelbootes Esmeralda hineinzuzwängen. Außerdem kühlt der Kühlschrank nicht mehr, was bei den Temperaturen gar nicht so schlimm ist. Aber gerichtet werden muss es und dafür braucht´s dann wohl einen Experten.

Nun aber wollen wir auch die Stadt kennen lernen. Mit dem Dinghy fahren wir die Lagune hinauf und legen am Yachtklub an. Sehr freundliche Menschen kümmern sich sofort um uns. Wir fragen nach den Wassertiefen und erfahren, dass wir problemlos bis zum Klub mit dem Boot kommen könnten und sogar dort an einem in der Lagune verankerten Schwimmsteg anlegen können. Direkt in der Marina ist es zu flach für uns. Die Stadt selbst ist klein und hübsch und gefällt uns sofort. Es sind diese Orte, die eigentlich keine großen Sehenswürdigkeiten zu bieten haben, aber doch das normale brasilianische Leben widerspiegeln, wo wir uns immer gleich zu Hause fühlen. Hier wollen wir gerne ein paar Tage bleiben.

Dankbar nehmen wir das Angebot des Yachtklubs an und verholen uns an den neuen Liegeplatz. Nun sind wir fast im Zentrum und brauchen bloß die 50 Meter mit dem Dinghy hinüberrudern. Phantastisch!

Unsere gute Laune bekommt jedoch einen Dämpfer, als ein Beamter der Marinha do Brasil (die Hafenbehörde) uns besuchen kommt. Wir haben uns natürlich aus den bekannten Gründen nicht freiwillig dort gemeldet. Aber in dieser kleinen Stadt fällt ein unbekanntes Segelboot sofort auf. Klar, unsere Papiere sind nicht in Ordnung. Der gute Mann merkt es sofort und bestellt uns „zur Klärung des Sachverhaltes“ auf das Präsidium. Wir haben noch Zeit, unsere Visumsleidensgeschichte in Portugiesisch zu formulieren und natürlich tut auch eine angemessene Kleidung not. Dann geht’s los!

Wir machen uns Mut! „Mehr als uns das Boot wegnehmen können sie doch nicht!“  „Gibt es eigentlich noch die Todesstrafe hier?“ „Nein, also bestenfalls lebenslange Haft!“

Im Amtsgebäude werden wir freundlich mit dem wohl in Coronazeiten üblichen Gruß, der Ghetto-Faust, empfangen und natürlich stellt man uns die üblichen Fragen: Warum habt ihr euch nicht gemeldet? In welchen Häfen seid ihr schon gewesen? Warum habt ihr euch dort nicht gemeldet? Und so weiter… Dank unseres vorformulierten Textes verstehen die Herren irgendwann unsere Situation und man zieht sich zur Beratung zurück. Nach einer Stunde stellt uns der zurückkehrende Beamte noch ein paar Fragen und kündigt an, dass er jetzt zur Problemlösung mit der Receita Federal telefonieren will. Na toll! Das sind ja unsere wahren Freunde! Wir warten weiter! Warum vergessen wir bei unseren Behördengängen eigentlich immer unsere Lektüre?

Nach insgesamt 2,5 Stunden kehrt der Beamte zurück und wir erkennen schon an seinem Gesichtsausdruck, dass eine wohlwollende Lösung gefunden wurde. Wir bekommen tatsächlich mal wieder ein „Dokument“ in die Hand: ein DIN A4-Zettel mit vielen schönen Stempeln! Alle beteiligten Behörden haben unser Bleiben in Brasilien vorerst abgesegnet. Uns wird sehr dringend auferlegt, bei Eintreffen in Rio Grande die Marinha do Brasil aufzusuchen und bei Ausreise aus Brasilien bei der Policia Federal vorbeizuschauen. Das machen wir doch! Ein Sieg auf ganzer Linie! Nun könnten wir sogar wieder die Heimatflagge rausholen und unser AIS auf aktiv stellen, so dass unsere Bootsdaten permanent über Funk gesendet werden.  Sicherheitshalber waren wir ja in der letzten Zeit inkognito unterwegs!

Nun ist Laguna gleich noch schöner! Wir finden ein gemütliches Restaurant mit einem freundlichen Chef, der uns über die nächsten kulturellen Veranstaltungen am Wochenende informiert. Musik, Kino im Freien, etc.! Da ab Montag auch der Wind für ein paar Tage aus nördlichen Richtungen kommt, beschließen wir spontan, hier noch ein paar Tage zu bleiben.

Ein wunderbares Schauspiel sind die ständig zum Jagen in der Lagune auftauchenden Delphine. Jeden Tag umkreisen sie unser Boot und beeindrucken durch kunstvolle Sprünge. Es gibt die Legende hier, dass Fischer und Delphine gemeinsam fischen. Die Delphine treiben die Fischschwärme zusammen und der Fischer sperrt mit seinem Netz das Jagdgebiet ab. So sollen beide Seiten profitieren. Und tatsächlich fällt auf, dass bei Eintreffen der Delphine sofort auch die Fischer mit ihren Wurfnetzen auftauchen.  Wir wandern zur Mole an der Einfahrt zur Lagune. Auch hier sind überall sehr beschäftigte Delphine zu sehen und ebenso auch Fischer, die bis zum Bauch im Wasser stehen und mit Netzen ihren Anteil am gemeinsamen Beutezug sichern wollen.

Auch ein Reparaturbetrieb für Haushaltsgeräte findet sich. El Jefe ist ein alter Mann, schwerhörig, welcher nur schreiend kommuniziert. Tapfer fährt er mit uns im Dinghy hinüber und schaut sich das mal an. Uns kommt der Gedanke, dass sein Wissen um die komplexe Kühltechnik nicht unbedingt größer ist als das Unsere. Sein Sohn ist wohl der Monteur, ist aber irgendwie nicht verfügbar und so gibt er uns das Kältemittel mit den notwendigen Schläuchen und Manometern mit. „Füllt mal kräftig nach!“ schreit er uns als fachmännischen Rat hinterher. Da wir mit diesem „kräftigen Nachfüllen“ bereits schon einmal unseren Kühlschrank außer Funktion gesetzt haben, erinnern wir uns an die Tipps des australischen Experten, den wir in der Dominikanischen Republik trafen. Doch leider hilft auch ein moderates Nachfüllen nicht. Ein Experte muss ran! Da der Sohn trotz mehrfacher Versuche nicht kommen will, gibt der alte Herr einen Tipp für eine andere Firma. Der Kollege würde tatsächlich auch am nächsten Tage kommen, obwohl ein Feiertag ist. Aber er hat nicht das richtige Kältemittel und unser alter Herr, der uns dieses sicher wieder borgen würde, ist nicht verfügbar, da ja Feiertag ist. Und nun kommt ein weiterer Störfaktor ins Spiel: das Wetter!

Am 3.6. schauen wir wie jeden Tag uns die Windvoraussagen an und sehen, dass unserer für Montag gebuchter nördlicher Reisewind sich zum Starkwind mit 30 Knoten gemausert hat. Ach, das muss dann doch nicht sein! Da am heutigen Tage abends der Wind für 2 Tage auch auf Nord dreht, müssen wir also sofort los. Das ist wirklich traurig, geht aber nicht anders. Zwar werden wir in den 2 Tagen nicht die 300 Meilen bis Rio Grande schaffen, aber am 3.Tag geht´s dann halt mal gegenan.

Wir verabschieden uns herzlich im Yachtclub, welcher nicht einmal Geld für den Liegeplatz annehmen will und dann ziehen wir los.

04.06. – 20.06.21

Der Wind ist recht schlapp, so dass die Hoffnung, doch in 2 Tagen in Rio Grande zu sein, schwindet. Aber andererseits ist es sehr entspannt und gerade die Nachtwache freut sich über wenig Arbeit an Bord.

Am 5.6. wird diese Routine jäh durch eine sogenannte Pampero, die gefürchtete Böenwalze, durchbrochen. Eine kleine dunkle Wolke am Himmel lässt nichts Böses ahnen, aber plötzlich scheint das Wasser voraus zu kochen. In wenigen Sekunden zeigt die Windanzeige 40 Knoten Wind an und die tapfere Esmeralda legt sich weit auf die Seite. So schnell es geht reffen wir die Segel, aber nach 15 Minuten ist der Spuk vorbei. Nur leider hat der Wind schon jetzt zum Nachmittag auf Süd gedreht, wo dies doch eigentlich erst für Mitternacht versprochen war. So was!

Am Abend wird der Himmel interessant: Große dunkle Wolken mit Wetterleuchten am gesamten Horizont, so dass ein Ausweichen nicht möglich ist. Jetzt wollen wir vorsorglich die Segel verkleinern, jedoch gibt es ein Problem mit der Rollfockanlage, so dass die Genua nur zur Hälfte gerefft werden kann. Danach ist trotz vielfältiger Versuche nichts mehr zu machen. Großartig! Das Problem sitzt im Mast-Toppbereich, soviel wird uns klar.  Bei dem Wind ist an ein Entern des Mastes nicht zu denken. Da wir nicht wissen, welches Problem da oben gerade sich herumtreibt und ob wir die Genua deshalb überhaupt komplett geborgen bekommen, lassen wir lieber alles so wie es ist und hoffen auf die Gnade der Natur. Tatsächlich bleibt der Wind trotz Starkregen und Gewitter in erträglichen Stärken und mit Motorunterstützung kreuzen wir in Richtung Rio Grande. Nerven tut nur die Großschifffahrt! Der Ozean ist doch so groß, aber regelmäßig zieht ein Cargoschiff nach dem anderen entweder knapp hinter uns oder vor uns vorüber. Immer die bange Frage: Sehen die uns wirklich?

Als würde dies alles nicht reichen, taucht auch wieder Wasser im Achterschiff auf. Keine riesigen Mengen, aber wer hat das schon gerne? Wir wollen nicht rummeckern, aber jetzt könnten wir langsam ankommen…

Aber auch diese Nacht findet ihr natürliches Ende in den Morgenstunden. Alles wird wieder etwas ansehnlicher und auch der Wind flaut auf ein Maß ab, dass es nun möglich ist, die Genua per Hand um das Vorstag zu wickeln, ohne dass uns dabei der Schädel eingeschlagen wird. Gegen Mittag taucht die Hafeneinfahrt auf und wir schlüpfen hinein. Die Umschlagplätze für die Großschifffahrt ziehen sich auf 10 Meilen dahin. Dann fahren wir um eine Ecke und jetzt kommen wir direkt an der Stadt vorbei. Freundlich werden wir von den am Schiff vorbeischwimmenden Seelöwen begrüßt. Na, das ist doch mal was. Unsere Stimmung steigt…

Vor einer Steganlage fällt der Anker und wir sind sehr froh hier zu sein. Dann passiert wieder mal eines dieser kleinen Wunder, welche unsere Reise so schön macht! Ein Boot taucht neben uns auf und ein älterer Herr lädt uns freundlich ein, am gegenüberliegenden Steg anzulegen. Der Steg gehört zum ozeanografischen Museum und der Herr ist Dr.Lauro Barcellos, der Leiter der Museen der Stadt Rio Grande. Neben gutem Englisch spricht er sogar ein paar Worte Deutsch.

Wir können die sanitären Einrichtungen nutzen und auch Strom und Wasser gibt es am Liegeplatz! Ein Paradies! In den nächsten Tagen lecken wir uns erst einmal unsere Wunden. Der vorherrschende Starkwind verhindert die Bergung der Genua, so dass sie sich noch einmal lösen kann und in einer kräftezehrenden Aktion mit Hilfe der Masthose wieder gebändigt werden muss. Später finden wir auch das Problem der Rollfockanlage: Der am oberen Ende der Genua befindliche Rollschlitten rollt eben nicht mehr. Leider hat Vorstag wie auch Genua ein paar Schäden, was bei der Macht der Ereignisse kein Wunder ist. Die Genua muss zum Segelmacher, die ursächlichen Probleme des Furlexsystems können wir zum Glück selbst lösen. Was hat dieser Rollschlitten doch für viele Einzelteile…

Wir nehmen die alte Dame Esmeralda nun heckwärts weiter auseinander und stoßen auf die (hoffentlich!) entscheidende Ursache für die Wassereinbrüche. Die Ruderwelle ist mit einer Dichtung nach oben hin im Kokerrohr gelagert und diese Dichtung scheint nun verschlissen, so dass immer wieder Wasser bei Bewegungen am Ruder nach oben dringen kann. Wir bauen alles auseinander und finden tatsächlich nur noch eine rudimentäre Dichtung vor.

Für den Kühlschrank finden wir eine Fachfirma in der Stadt. Wir sind begeistert von den kompetenten und höflichen Kollegen, die hier den für sie ungewöhnlichen Kühlschrank bearbeiten. Manchmal bringen sie uns sogar kleine Geschenke mit. Unfassbar! Nur an die brasilianische Pünktlichkeit können wir uns schwer gewöhnen. Nur ungern macht man konkrete zeitliche Angaben zum Eintreffen der Mechaniker, welche sowieso keinesfalls auch nur annährend eingehalten werden. Meist tauchen die Jungs zum Abend auf und bleiben dann manchmal bis 20 Uhr!

Aber am 19.6. sind alle wichtigen Reparaturen abgeschlossen. Der Kühlschrank arbeitet, die Genua hängt wieder dort, wo sie hingehört und auch die neue Ruderwellendichtung ist montiert. Ein gutes Gefühl!

Blaureiher
Maurischer Reiher

Nun bleibt auch wieder Zeit, die Stadt näher kennenzulernen. Es gibt viele wunderschöne alte Gebäude, die sich aber leider in einem bedauerlichen Zustand befinden. Vermutlich hat es mal bessere Zeiten für Rio Grande gegeben. Jetzt sehen wir viel Armut auf den Straßen, kaum hübsche Plätze zum Verweilen und für eine so große Stadt fast keine Restaurants. Trotzdem fühlen wir uns wohl, lernen neue Menschen kennen wie zum Beispiel Maria und Daniel, die eine Bar betreiben, uns in ihren Yachtclub einladen und mit denen wir uns in einem Mischmasch aus Englisch und Spanisch recht gut unterhalten können. Ist das Wetter schön, ziehen wir zum Sonnenuntergang in den Hafen der Stadt und genießen die schöne Sicht mit vielen anderen Menschen.  Sehr erstaunt sind wir, als sich noch ein Seelöwe dazugesellt, welcher ebenfalls einen Platz auf der Hafenmauer einfordert.

Seelöwe
Seelöwe
Seelöwe
Seelöwe

Wir erfahren auch mehr über unseren Freund Lauro, den Museumsdirektor. In vielen Jahren hat er eine komplexe Struktur aufgebaut, um wirtschaftliche Prozesse in Gang zu bekommen und jungen Leuten eine Perspektive zu geben. So hat er beispielsweise mit vielen eigenen Mitteln eine Berufsschule aufgebaut, wo Jugendliche aus armen Verhältnissen einen Beruf erlernen können. Zusätzlich werden die jungen Menschen mit allen nötigen Materialien bis zur Schultasche und auch mit regelmäßigen Nahrungspaketen für die Familie unterstützt. Er organisiert Treffen mit dem Bürgermeister und Investoren und wir erleben, wie er mit großen militärischen Ehren am Tag der Marine im Stützpunkt empfangen wird. Letztendlich profitieren wir auch davon: Wir müssen nicht unseren obligatorischen Besuch bei der Marinha do Brasil machen, sondern die Kollegen kommen gleich mit 4 Personen zu uns. Es wird viel gelacht, überall im Boot herumgeschaut und erst nach mehr als einer Stunde entschließen sich die Beamten zum Rückzug. Auch hier dürfen wir erst einmal unbegrenzt bleiben.

Wasserschweine
Wasserschweine
Pinguine
Pinguine

Eigentlich gibt es nur noch ein Problem: Wir hätten nie gedacht, dass es in Brasilien so kalt und ungemütlich sein kann. Die Temperaturen sinken zeitweise auf bis zu 5 Grad ab, dann weht in der Regel auch ein kräftiger Wind. Die Alternative dazu ist der häufige Regen, welcher dann aber mit milderen Temperaturen einhergeht. Aber im Laufe der Tage gewöhnen wir uns das ungewohnte Klima und genießen die Abende am heimatlichen Dieselofen. Vielleicht bleiben wir hier doch noch etwas? Bekanntlich dürfte es im Süden eher noch kälter werden.

21.06. – 30.07.21

So, lieber Leser, jetzt ist es mal Zeit für einen Satz, den wir gerne schon in den letzten drei Jahren hier mal rausgelassen hätten:

In den letzten Tagen platzte der Briefkasten des Segelschiffes Esmeralda förmlich, da uns so viel Post aus der Heimat erreichte!

Leider war der betrübliche Grund für diese Fanpost das momentane Nichterreichen des vorliegenden Blogs. Dies war uns auch schon aufgefallen und die für Programmierung und Netzwerktechnik zuständige Abteilung des Segelschiffes Esmeralda arbeitete am Tage und in der Nacht an der Lösung dieses Problems. Vermutlich wegen fehlender Wartung durch die Hosting-Firma war die Welt von der Berichterstattung der Esmeralda-Besatzung abgeschnitten und es galt nunmehr, diese Webseite völlig neu aufzubauen. Momentan ist auch noch unbekannt, ob all die alten Inhalte wieder an ihren gewohnten Platz zurückfinden oder gar für immer verloren sind. Wir bitten schon einmal von dieser Stelle aus um Entschuldigung:

Entschuldigung!

Baustellensicherung

Sicherlich fragt sich der neugierige Leser, was es denn Interessantes zu berichten gibt. Nun ja, wir sind immer noch in Rio Grande. Abgeschreckt durch die winterlichen Temperaturen, welche in der Nacht manchmal nur knapp über dem Nullpunkt lagen, waren wir froh, hier noch etwas ausharren zu dürfen. Wir nutzten die Zeit zum Beispiel um die nähere und weitere Umgebung zu erkunden. Mit einem Mietwagen erfüllten wir uns einen lang-gehegten Wunsch, den Besuch der Iguacu-Wasserfälle! Zwar waren die 2400km für die Hin- und Rücktour etwas strapaziös, aber wir haben ein unvergessliches Naturereignis bewundern dürfen. Im Dreiländer-Eck von Brasilien, Paraguay und Argentinien gelegen, übertreffen die 150-270 Einzelfälle mit einer Fallhöhe von 80 m die Niagarafälle und in der Breite sogar die Victoria-Fälle. Es ist kaum mit Worten zu beschreiben, was für einen Eindruck diese Wassermassen beim Besucher hinterlassen.

Iguacu Wasserfall-11

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Interessant war auch die Fahrt durch das brasilianische Binnenland. Wir sehen viele große landwirtschaftliche Betriebe, welche anscheinend mit moderner Technik arbeiten. Nach Verlassen der Ebene des Gebietes um Rio Grande erfreut uns wieder der Anblick von Bergen, grünen Bergwiesen und einer großen Zahl kleinerer und größerer Flüsse. Unser Kleinwagen aus dem Konstruktionsbüro einer namhaften italienischen Autoschmiede quält sich über die mal besseren und mal schlechteren Landstraßen und vor allem an den hier massenhaft auftauchenden überlangen LKW mit bis zu 30 m Länge vorbei. Aber so wird die Fahrt nicht gar so langweilig und der Überholvorgang zum sportlichen Ereignis.

Eine zweite Rundfahrt führt uns im weiten Bogen um die Lagoa dos Patos durch die Serra Gaucha, dem Hochland des Bezirks Rio Grande do Sul. Nach dem Küstenort Torres (benannt nach seinen turmartigen Felsen am Strande) kommen wir nach Canela und Gremado, zwei Orten, die für brasilianische Verhältnisse ein reges touristisches Leben in wunderschöner Bergwelt bieten und alpines Flair (allerdings ohne Schnee) verbreiten.

Weiter geht es nach Nova Petropolis, einem von deutschen Einwanderern gegründeter Ort, welcher in einem Freiluftmuseum die Besonderheiten deutschen Lebens hervorhebt und wo überall noch deutsche Kultur spürbar ist. Tatsächlich können wir im Hotel und Restaurant mit dem Personal deutsch sprechen und verspeisen zum Abendmahl ein Käsefondue (ja, zugegeben, die Schweizer haben auch Spuren hinterlassen). Nun gelangen wir in das eher italienisch geprägte Weinanbau-Gebiet Bento Goncalves und genießen stimmungsvoll durchaus guten brasilianischen Wein in den Weinbergen. Wunderschön ist die Fahrt durch die Berge entlang übervoller Mandarinen- und Orangenbäume, welche anscheinend die einzelnen Weinberge trennen.

Danach landen wir in der Hauptstadt des Bezirks, der Hafenstadt Porto Alegre. Der „fröhliche Hafen“ ist bestückt mit stimmungsvollen Kneipen und Restaurants und zum Wochenende voller vergnügungssüchtiger Menschen.

Im Kontrast dazu sehen wir aber auch viele obdachlose Menschen, die in Hauseingängen und unter Dachvorsprüngen etwas Schutz und Wärme suchen.

Hier gibt es viele wunderschöne historische Gebäude, die anscheinend auch besser gepflegt werden als zum Beispiel in Rio Grande und sogar ein Museum für moderne Kunst hat hier geöffnet und schafft den Bootsreisenden mal wieder ganz andere Anregungen.

Zum Abendessen landen wir im „Ratskeller“, einem deutschen Restaurant mit dem Charme der 70er Jahre, welches anscheinend bei der hiesigen Bevölkerung sehr beliebt ist. Zu Sauerkraut und Bratkartoffeln genießen wir König-Pils und sind in Gedanken in der Heimat.  Diese kleine Sentimentalität sei der ansonsten dem Neuen zugewandte Besatzung des Segelschiffes Esmeralda erlaubt.

Am nächsten Tage geht es an der Westküste der Lagoa dos Patos wieder in Richtung Rio Grande. Wir übernachten im völlig entvölkerten Badeort Sao Lourenco do Sul.

Der momentane eiskalte Starkwind aus Süd pfeift durch alle Ritzen. Jetzt geht es nur noch ums Überleben! Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig man auf Kälte hier eingestellt ist. Die Fenster sind undicht, Türen stehen in Läden und Restaurants vermutlich aus Gewohnheit (oder sind das Coronaauflagen?) meist offen und Heizmöglichkeiten sind bestenfalls rudimentär vorhanden. Die Gäste der Restaurants sitzen im Wintermantel und mit Mütze an den Tischen und genießen das schnell erkaltende Essen mit einem frostigen Rotwein. Das macht uns wenigstens nicht so richtig Spaß.

Mittlerweile gelingt es uns jedoch, den verschiedensten Klimaanlagen in den Hotelzimmern etwas Wärme zu entlocken, die allerdings zumeist kalte Dusche muss man sportlich nehmen. Als wir dann unser schwimmendes Zuhause erreichen, sind wir froh, die Innentemperaturen nun wieder unseren Bedürfnissen besser anpassen zu können.

Rio Grande ist zwar keine ausgesprochen schöne Stadt, bietet aber fast alles, was das Seglerherz so beansprucht. Außerdem können wir hier schnell neue Bekanntschaften machen und fühlen uns bald in die Stadtgemeinschaft integriert. Wenn wir mit unseren für brasilianische Verhältnisse auffälligen Klapprädern durch die Stadt fahren, grüßen immer wieder uns unbekannte Menschen. Die Verkäufer in den Geschäften kennen uns zumeist und wir sind immer wieder völlig überrascht von der selbstlosen Hilfsbereitschaft. Beispielsweise muss die Gasflasche gefüllt werden: Immer wieder ein Abenteuer, da die deutschen Anschlüsse natürlich völlig unterschiedlich zu den Anschlüssen in aller Welt sind. Schon in der zweiten Abfüllstation haben wir Erfolg und können nach einem Tage die gefüllte Flasche wieder abholen. Der Chef persönlich überreicht sie uns und will auf keinen Fall Geld dafür annehmen. Unglaublich!

Daniel, der Inhaber unseres Lieblingskaffeestube, bestellt uns beim Amazon-ähnlichen Mercado livre die Dinge, die wir hier nicht besorgen können. Leider ist es für einen Ausländer ohne Steuernummer völlig unmöglich Online-Bestellungen aufzugeben.

Beim Umfüllen des Diesels aus den Kanistern in den Tank fällt uns auf, dass dieser teilweise dickflüssig geworden ist. Wir hatten schon von dem Problem gehört: Der brasilianische Diesel ist erstaunlicherweise nicht winterfest und sollte deshalb mit einer nicht genau definierten Menge Petroleum versetzt werden, um ein Ausfällen des Paraffins (welches die Dieselfilter verstopfen würde) zu verhindern. Nach langem Suchen können wir Petroleum, welches hier Kerosine genannt wird, finden. Wir entscheiden uns, 20 Liter den ca. 400 Litern Diesel im Tank zuzugeben. Sollte jemand in unserer geneigten Leserschaft davon mehr wissen, sind wir für Ratschläge sehr dankbar!

Wir lernen Rosanna und Humberto kennen, welche beide gut englisch sprechen. Auf diese Weise genießen wir wieder eine problemlosere Kommunikation und erfahren mehr von der brasilianischen Lebensweise. Mittlerweile sind wir anscheinend fest integriert in das soziale Leben der Stadt, so dass wir Zeiten freihalten müssen für unser geliebtes beschauliches Leben an Bord und für die notwendigen Arbeiten am Schiff.

Maria und Daniel laden uns zu einem Tagesauflug nach Uruguay ein. Die Grenze ist ungefähr 200 km entfernt und die Stadt Rio Blanco ist als Einkaufsparadies für Brasilianer sehr beliebt. Wir sind etwas verunsichert wegen unserer abgelaufenen Visa, staunen dann aber, dass es keinerlei Grenzkontrollen gibt. Nach unseren Informationen ist die Grenze zu Uruguay aus den bekannten Gründen eigentlich geschlossen. Seltsam!

Mit Unmengen von Brasilianern ziehen wir durch ein paar zollfreie Läden und kaufen sicherheitshalber noch etwas Winterbekleidung. Auch lang entbehrte Süßwaren wie gute(!) Schokolade und Kekse und eine in Brasilien unbekannte Riesenauswahl von Käsesorten lassen die Glückshormone der Esmeralda-Besatzung fließen. Umsonst sind schöne Ausblicke auf den Grenzfluss Rio Blanco und die gegenüberliegende brasilianische Stadt Jaguarao. Ein wunderschöner Tag!

Anlässlich des Jubiläums eines Besatzungsmitgliedes laden wir das so freundliche und hilfsbereite Personal des Ozeanografischen Museums zu Kaffee und selbstgebackenem Kuchen an Bord ein. Trotz aller Sprachbarrieren wird viel gelacht und erzählt und tatsächlich auch noch ein Ständchen gesungen! Sogar ein Geschenk wurde in aller Eile besorgt. Am Abend laden wir unsere engeren Freunde in ein Restaurant ein. Wir sind sehr gerührt, als sich Maria an den Restaurant-Flügel setzt und einige Lieder spielt. Noch ein wunderschöner Tag!

Auf dem Gelände des Ozeanografischen Museums lebt eine Wasserschweinfamilie (Capybaras).

Wir freuen uns immer, diese Tiere, die aussehen wie Biber, die in einen Zaubertrank gefallen sind, zu sehen. Auch ein paar Pinguine leben hier. Regelmäßig verirren sich einzelne Tier bis in diese nördlichen Regionen. Die entkräfteten und abgemagerten Herrschaften werden von den Fischern eingesammelt und hier abgegeben. Sie werden dann aufgepäppelt und wieder freigelassen und sollen dann tatsächlich wieder ihre Heimat in der Antarktis erreichen (was man mit angebrachten Sendern nachweisen konnte). Wir fühlen uns ein wenig wie diese Pinguine und sind Lauro (dem Museumsleiter) sehr dankbar, dass man auch uns hier wieder aufpäppelt!

Nachtrag: Gegen Ende Juli erfasst die Region Rio Grande do Sul eine Kältewelle. In Gremado (siehe oben) soll es geschneit haben, was wohl nur alle 10 Jahre einmal vorkommt. Durch den eisigen Südwind liegen die Temperaturen wieder einmal nur knapp über dem Nullpunkt. Die tapfere Esmeralda wird nicht nur kräftig durchgeschüttelt sondern auch tiefgekühlt. Was sind wir froh, unseren Dieselofen zu haben!

2.Nachtrag: Zum Glück konnten alle Blogbeiträge gerettet werden. Die Webseite erstrahlt im neuen Glanz, was hoffentlich den geneigten Leser erfreuen wird. Die Bildergalerie und die Routenanzeige konnten wir nicht wiederbeleben. Wir erstellen sie neu und bitten um ein wenig Geduld.

31.7. – 5.8.21

Vermutlich hat kaum noch jemand damit gerechnet, dass wir Brasilien auch mal wieder verlassen. Aber die Besatzung des Segelschiffes Esmeralda hat nun tatsächlich den Beschluss gefasst, am 5.8. gen Süden abzulegen. Der Wind soll zu dieser Zeit in moderater Stärke aus passenden Richtungen wehen und es wird jetzt auch wirklich Zeit. Da es südlich von Rio Grande keine weiteren Häfen auf brasilianischem Territorium gibt, bleibt als Ziel nur Uruguay oder Argentinien. Wir legen uns da noch nicht ganz fest: Falls das Wetter nicht passt, können wir in 200 Meilen einen Hafen in Uruguay anlaufen, ansonsten wäre Necochea in Argentinien (525 Meilen) das Ziel.  Beide Länder haben auch jetzt noch nicht ihre Grenzen geöffnet, so dass wir nur hoffen können, dass man uns nicht wieder aufs Meer zurückschickt. Allerdings hatten wir aus unserer Patagonien-Runde (welche nach einigen Rückkehrern in den warmen Norden aus nur noch 3 Booten besteht) gehört, dass in Necochea im Gegensatz zu den nördlicheren argentinischen Häfen eine freundliche und hilfsbereite Präfektura waltet, die großzügiger mit Segel-Permit bzw. Visa umgeht. Darum wäre dies nun also unser bevorzugtes Ziel.

Die Tage bis zum Ablegen verbringen wir vor allem mit Einkäufen der notwendigen Lebensmittel und mit den Abschieden von unseren Freunden und Bekannten in Rio Grande wie auch den Museumsangestellten.

Mit den Fahrrädern machen wir noch einen Ausflug zur Ilha do Marineros, welche fast in Rufweite gegenüber unserem Liegeplatz liegt. Auf dem Landwege ist aber eine Strecke von 30 km zu bewältigen, da die Brücke am anderen Ende der Insel liegt. Wir fahren durch recht zweifelhafte Gebiete und so ganz wohl ist uns nicht dabei. Die Insel aber ist landschaftlich sehr interessant mit ihren vielen Lagunen und nette Menschen treffen wir auch hier. Um den Rückweg etwas abzukürzen, versuchen wir ein Boot zu finden, ist doch der Seeweg nur ca. 2 km lang. In der Woche gibt es tatsächlich eine Fähre, die aber heute zum Sonntag nicht fährt. Wir fragen in einem Gehöft nach einer Fährmöglichkeit und treffen hier zufällig auf eine Angestellte des Ozeanografischen Museums. Ihr Mann ist dann auch noch der Fährmann und wird von ihr schnell überredet, uns überzusetzen. Da haben wir doch wieder mal Glück gehabt!

Am 4.8. ist nun der Tag, vor dem wir uns doch etwas gegruselt hatten. Wir müssen zur Policia Federal! Unser 30-Tage-Visum ist ja nun schon lange abgelaufen, die weitere Gnadenfrist auch. In Angara dos Reis hatte man uns ja erlaubt, erst einmal zu bleiben, aber schriftlich haben wir das auch nicht. Wiederum die Marinha do Brasil, die uns auch mittlerweile geduldet hatte, hat in Bezug auf Immigration kein Mitspracherecht. Das riecht nach Ärger und darum bitten wir Lauro als Respektsperson in Rio Grande, uns auf diesem schweren Weg zu begleiten. Tatsächlich erleben wir in dem ersten Beamten der Behörde auch beinahe den ersten Brasilianer, der sich mal richtig aufregt. Auch ohne Übersetzung verstehen wir, dass wir eigentlich ins Gefängnis gehörten und so weiter und so fort… Lauro meistert die Situation jedoch perfekt, indem er alle totredet. Es kommt noch der eine oder andere Vorgesetzte des Weges, die er natürlich kennt und denen er unsere Situation erklärt. Und dann geht alles sehr schnell: Ein viel netterer Beamter schnappt sich unsere Pässe und stempelt diese kurzentschlossen ab. Auch für einen Handschlag und gute Wünsche für die Reise reicht die Zeit und schon sind wir wieder im Freien. Nun noch zur Marinha do Brasil, was nicht weiter schlimm ist. Die kennen uns ja schon!

Nach genau 60 Minuten haben wir zwei Behörden erfolgreich besucht! In Brasilien ein Rekord, der nicht mehr zu unterbieten ist!!!

Nun wird es auch Zeit, von Lauro Abschied zu nehmen. Geschenke werden ausgetauscht und da das Museum kein Geld von uns haben will für den Liegeplatz, gibt es eine Spende für die sozialen Projekte, die Lauro betreibt.

Am Abend sind wir dann noch ein letztes Mal bei Maria und Daniel im Kaffeehaus. Wir essen zusammen mit unseren liebsten Freunden und dann müssen wir auch hier uns verabschieden.

Die Nacht vor einem längeren Törn schlafen wir jedenfalls immer schlecht. Zu viele Gedanken an Vergangenes und Kommendes halten uns wach. Am Morgen gibt es eine letzte eiskalte Dusche mit dem Wasserschlauch im Cockpit und dann müssen wir noch unserer Lieblingswachdame von der Pforte Lebewohl sagen. Hier fließen sogar ein paar Tränen und wir verfluchen langsam diese ewigen herzergreifenden Abschiede.

Nun wird der wackere Perkins zum Leben erweckt und die Leinen gelöst. Gerade rechtzeitig taucht noch Lauro mit Museumsangestellten auf und trötet auf einer Riesenmuschel. Wir tröten zurück mit unserem Horn und das war es dann. Wir sind etwas traurig. Der Weg hinaus führt auch wieder dicht an der Stadt vorbei. Viele Menschen winken, wir winken zurück.

Auf Wiedersehen, Brasilien. Irgendwann kommen wir wieder. Das liebste Land unserer bisherigen Reise ist eindeutig Brasilien. Nirgendwo fanden wir so zugewandte, hilfsbereite und uneigennützige Menschen in dieser überwältigenden Zahl! Gewalt und Kriminalität gibt es ohne Zweifel hier, jedoch haben wir überhaupt keine schlechten Erfahrungen diesbezüglich gemacht. Ja, gut, der betrügerische Taxifahrer in Rio…

Brasilianische Segler in Curacao hatten uns dringend abgeraten, in dieses Land zu fahren und haben uns ein Schreckensbild der Menschen aufgemalt. Zum Glück hatten wir beschlossen, uns einen eigenen Eindruck zu verschaffen.

Aber auch die Natur ist überwältigend. Dichter, weiter Wald auf Bergen ohne Zahl entlang der Küste, entlang des tiefblauen Meeres. Dachten wir früher an Brasilien, dachten wir zumeist an den mehr und mehr schwindenden Regenwald. Unser Bild hat sich gewandelt: So wunderbare Wälder, auch gleich am Rande der Großstädte, sahen wir nie. Liebe Leser, fühlt euch ermutigt, Ilha Grande, Paraty und Umgebung, Rio de Janeiro und vielleicht sogar Caravelas und die Abrolhos zu besuchen. Wir werden dies auf jeden Fall zu gegebener Zeit tun! So, Schluss jetzt mit der Schwärmerei? Ja, Schluss jetzt!